«Musik ist unser Leben.» Mit dieser Aussage ganz zu Beginn des Gespräches bringt es Axel Umiglia, der Älteste des Umglia-Nachwuchses, auf den Punkt und spricht wohl stellvertretend für die ganze Familie. Der 23-Jährige ist ausgebildeter Musicaldarsteller, wurde bereits im zarten Alter von 17 an der AMDA (American Musical and Dramatic Academy) in Los Angeles aufgenommen und lebte drei Jahre in den USA. Heute studiert er Jazz-Gesang an der ZHDK (Zürcher Hochschule der Künste) und verfolgt, inspiriert von seinen Eltern, das Berufsmusikerdasein. «Musik bedeutet alles für uns. Damit ernähren mein Mann Fabrice und ich unsere Familie», sagt Mutter Anne-Christine Vandewalle. Die gebürtige Amerikanerin ist Profi-Cellistin und spielt in verschiedensten
namhaften Orchestren wie dem «Luzerner Sinfonieorchester» oder den «Festival Strings Lucerne». Familienvater Fabrice Umiglia ist Oboist und verfügt über mehr als 25 Jahre Orchestererfahrung. Auch Tochter Milena tritt in die Fussstapfen ihrer Eltern: Die 21-Jährige, die letztes Jahr beim Solistenwettbewerb des Valiant Forums am Festival Murten Classics den dritten Platz erreichte, fängt im September ihr Masterstudium in klassischer Musik in Zürich, ebenfalls an der ZHDK, an und tritt bereits heute solistisch auf verschiedensten Bühnen auf. «Mit knapp vier Jahren habe ich angefangen, Musik zu machen und als ich zehn Jahre alt war, war für mich klar, dass ich später Berufsmusikerin sein möchte», berichtet sie.
Musik als «Lehrmeister»
Esteban, der Jüngste im Bunde Umiglia, macht die fünfköpfige Familie komplett. Ob auch der 16-jährige Gymnasiast eine Berufsmusikerkarriere anstrebt, stehe zum jetzigen Zeitpunkt aber noch in den Sternen: «Es ist unglaublich, mit welcher Leichtigkeit Esteban an Sachen herangeht. Er probiert ganz viele Dinge aus, auch interessieren ihn ganz viele verschiedene Bereiche», so Fabrice Umiglia. Doch Esteban wäre kein waschechter Umiglia, würde nicht auch er erfolgreich musizieren. Mit dem Fagott hat er am diesjährigen Luzerner Solo- und Ensemblewettbewerb in Root in der Kategorie Blasinstrumente den ersten Platz erreicht. «Das Fagott gibt ihm Halt», meint Anne-Christine Vandewalle, die nebst ihrer Orchestertätigkeit auch Cello-Unterricht an den Musikschulen Oberer Sempachersee (MSOS) und Ruswil gibt. Auch bei ihren beiden anderen Kindern habe sie dieses Phänomen oft und gerne beobachtet. «Ich finde es unglaublich wichtig, dass Jugendliche etwas haben, das ihnen Sicherheit und Halt gibt und vor allem auch Freude bringt. Das muss auch nicht zwingend die Musik sein, aber was die Musik einem lehrt – auch ausserhalb des Musischen – ist schon gewaltig.»
Für Fabrice Umiglia, der ebenfalls Musik an der MSOS unterrichtet, sind es grundsätzlich zwei Aspekte, die die Musik zu einem unverzichtbaren «Lehrmeister» macht: «Zum einen lehrt die Musik Disziplin. Man muss dranbleiben und üben, dass man gut und erfolgreich wird. Und erst dann, wenn man merkt, dass man besser und besser wird, macht es mehr und mehr Spass», so der gebürtige Lausanner. Zum anderen schaffe die Musik langfristige Ziele: «Und diese fallen in unserer heutigen Gesellschaft leider viel zu spärlich aus.»
Von Höhen und Tiefen …
So wie jeder andere Mensch erleben auch Musiker, so gross die Erfolge auch sein mögen, zwischendurch mal Rückschläge und schwierige Zeiten. Axel Umiglia erinnert sich zurück an seinen etwas harzigen musikalischen Findungsweg. Denn anders als seine jüngere Schwester, für die schon sehr früh klar war, dass sie, genauso wie ihre Eltern, klassische Musik machen möchte, brauchte er dafür etwas mehr Zeit: «Ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich Musik machen möchte, welche Musik ich machen möchte und welche zu mir passt. Als ich dann eines Tages meine Eltern fragte, ob es ok für sie sei, wenn ich eine andere musikalische Richtung einschlage, war ich erleichtert, dass sie so positiv darauf reagierten», lächelt der junge Sempacher, der seine Wurzeln eigentlich im klassischen Gesang hat.
Auch Vater Fabrice prägte kürzlich eine schwierige Zeit. 2014 erkrankte der 47-Jährige an fokaler Dystonie, auch bekannt unter dem Namen «Musikerkrampf»: Eine neurologische Krankheit, die Störungen in der Ausführung präziser und komplexer Bewegungen zur Folge hat. «In meinem konkreten Fall bedeutet dies, dass ich gewisse Finger nicht mehr richtig bewegen kann, was für meine Tätigkeit als Oboist natürlich ein Todesurteil war», erklärt er. Für Therapien reiste er nach Zürich, Spanien und sogar in die USA – leider blieben sie alle erfolglos. Nach einer längeren Umstrukturierungsphase ist Fabrice Umiglia heute vorwiegend im Orchester-Management, so auch bei den «Festival Strings Lucerne», tätig, zudem dirigiert er die beiden Orchester Sursee-Sempach und Hochdorf. Unterricht gibt er weiterhin. «Die Krankheit hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Pädagogik. Wenn meine Finger Probleme machen, kann ich mit der Stimme oder dem Klavier improvisieren», sagt er, und fügt hinzu: «Aber natürlich kann es manchmal frustrierend sein. Die nötige Kraft finde ich dann aber in der Freude anderer, die sie durch die Musik erhalten.»
… und von Stolz und Hoffnungen
Stolz sein auf ihre Leistungen dürfen wohl alle Mitglieder der Familie Umiglia. Gerade erst letzte Woche hat Axel mit seiner Band «Lemon Brothers», in der auch sein jüngerer Bruder Esteban als Bassist mitwirkt, einer seiner selbst geschriebenen Songs, «California Dream», rausgebracht. «Es ist schon echt cool, einen Song der eigenen Band auf Spotify zu hören», so der «Querdenker» der Familie. Auch Milena Umiglia verspürt Stolz und Dankbarkeit: Solistisch betritt sie regelmässig grosse Bühnen, so auch am 10. Oktober, wenn sie als Solistin mit dem Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester im KKL zu hören sein wird. «Das grösste Geschenk ist es, die Leute mit meiner Musik berühren zu können, ihnen Gänsehaut zu bescheren oder gar Tränen vor Berührung zu entlocken», sagt sie.
Dass sie es geschafft hat, ihre Rollen als Mutter, Ehefrau und gefragte Cellistin unter einen Hut zu bekommen, verbucht Anne-Christine als grössten aller ihrer bisherigen Erfolge. Sie und ihr Mann Fabrice sind stolz auf alle drei ihrer Kinder. «Man hört oft in Musikerfamilien, dass die Kinder irgendwann mal nichts mehr von Musik hören möchten. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben, ihnen die Musik, ihre Emotionen und ihre Intensität nahe zu bringen, ohne sie dabei ‘kaputt’ gemacht zu haben», meint der Familienvater. Er bezeichnet es als spezielles Privileg, dass seine Kinder bereits in jungen Jahren einen solchen Zugang zur klassischen Musik erhielten: «Anders als noch vor 50 Jahren nimmt die klassische Musik heute einen ganz anderen Stellenwert in der Grundausbildung ein. Das finde ich schade und auch traurig, denn so haben die jüngeren Leute ein komplett falsches Bild davon im Kopf.» Musik sei heute stark kommerzialisiert und vergeneralisiert. «Deshalb zolle ich grössten Dank und Respekt an alle Amateurvereine, die den Leuten die Türen zu klassischer Musik öffnen. Solche Vereine sorgen heutzutage fürs Überleben dieser Musik. Ich hoffe, die Vereine bleiben uns in ihrer Vielfalt auch in Zukunft erhalten.»
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