Trotz relativ hoher Temperaturen gehen wir spazieren, die schönsten, klügsten, aufgewecktesten Enkel aller Zeiten und ich. Der Kleine im Wagen, der Grosse mit Kickboard, das Grosi mit seinem Portemonnaie, um unterwegs das Schoggibrötli für den Kleinen und das Ringli (Doughnut) für den Grossen fürs Zvieri zu kaufen. Ich wage zu behaupten, dass die beiden mittlerweile vor allem darum mitkommen auf die Spaziergänge. Denn das gibts nur beim Grosi! «Grosi, ich muss dir was Wichtiges sagen», hatte der Grosse im Lauf des Morgens angekündigt und mir dann verschwörerisch ins Ohr gehaucht: «Ringli und Schoggibrötli!»
Unterwegs fällt mir auf, dass der Grosse plötzlich ziemlich ruhig ist. Er muss ständig Pausen einlegen «zum Auftanken», wie er sagt, und angekommen beim Spielplatz im Wald erklärt er, er sei erschöpft. So sieht er auch aus, und mir ist klar, dass er keinen Schritt mehr machen wird. Also packe ich ihn in den Kinderwagen, lege das Kickboard über den Lenker und mache mich auf den Heimweg. Der Kleine stapft eine Weile nebenher, dann will auch er wieder in den Wagen. Ich bitte den Grossen, sich klein zu machen. Überraschenderweise akzeptiert er, dass der Kleine halb auf ihm sitzt und der Kleine akzeptiert, dass er sich am Verdeck halten muss, um nicht aus dem Wagen zu fallen. Ich schreite so zügig aus, wie es mit diesem Gefährt möglich ist. Dieses zieht immer nach links, es braucht viel Kraft, um in der Spur zu bleiben. Dann kommt die gefürchtete Stelle, wo das Trottoir leicht nach links abfällt Richtung zweier Garagentore. Auch mit normaler Beladung ist sie nicht ganz einfach zu meistern, darum weiche ich jeweils auf die Strasse aus. Da steht aber heute ein Lieferwagen. Der Kinderwagen droht zu kippen, und mir bleibt nichts anderes übrig, als nachzugeben und zu den Garagentoren runterzurollen. Und jetzt? Wie komme ich da wieder hoch? Aber da tauchen die zwei Lieferwagen-Männer auf und greifen ein. Ich weiss, man sollte sich nie fragen, was andere denken, aber das ist nicht so einfach. Wenn ein Grosi mit einem überladenen Kinderwagen mit Kickboard über dem Lenker ziemlich unkontrolliert gegen eine Garagentür fährt, steht ja wohl die eine oder andere Frage im Raum, und die lässt sich nicht einfach so beantworten, vor allem nicht, wenn die Helfer kein Wort Deutsch verstehen. So bedanke ich mich mit einem Daumen hoch, die Enkel haben sich während des Manövers nicht geregt, aber jetzt haucht der Grosse unter dem Verdeck hervor: «Aber Grosi, das Ringli gibts trotzdem?» Wie krank er wohl wirklich ist? Den Umweg hätte ich mir eigentlich gerne erspart, aber lieber erspare ich mir die sonst unausweichliche Diskussion mit zwei müden Kleinkindern.
Verschwitzt, mit schmerzenden Gliedern und einem glühenden Kind auf den Armen komme ich zu Hause an, Ringli und Schoggibrötli inklusive. Der Grosse legt sich sofort ins Bett, aber vorher muss ich noch auf einem Zettel vermerken, dass das Ringli ihm gehört und er es essen wird, sobald es ihm besser geht. Vom Bett her ruft er ab und zu: «Grosi, es geht schon etwas besser, es dauert nicht mehr lange», «Grosi, bald kann ich das Ringli essen», «Grosi, ich spüre es …» Aber die Rückmeldungen werden immer weniger, irgendwann schläft er ein. Er muss wirklich krank sein!
Am nächsten Morgen sei das Fieber wie weggeblasen gewesen, und als erstes habe er sein Ringli verlangt. Angesichts der Wichtigkeit, die dieses momentan in seinem Leben hat, frage ich mich, ob die Aussicht darauf oder die Angst, es könnte trotz Notiz im falschen Magen landen, ein Stück weit die Genesung vorangetrieben hat …
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