Rund 200 Exemplare der «Fuchspost» liess Nina Fuchs ein letztes Mal drucken. Mit dem Titel «Die Fuchspost ist auch vom Zeitungsschwund betroffen» gibt sie in der finalen Ausgabe bekannt, dass die «Fuchspost» eingestellt wird. «Es gibt immer einen Punkt, den man nicht ĂŒberschreiten darf, sonst kommt es nicht mehr gut raus», sagt die Rentnerin schmunzelnd. Vor ihr auf dem Tisch steht eine Box, in der sich alle Ausgaben und Originalzeichnungen und fĂŒr Fuchs viele Erinnerungen befinden.
Jede Ausgabe sei eigentlich ein Weihnachtsgruss. Angefangen habe es aber nicht als BroschĂŒre, sondern als Briefe mit lustigen Zeichnungen fĂŒr Familie, Freunde und Bekannte. Wie es zum Wandel von Karte zur siebenseitigen BroschĂŒre kam, kann Fuchs rĂŒckblickend nicht mehr sagen: «Einfach plötzlich hat es das âBĂŒechliâ gegeben, damals aber noch handgeschrieben.» SpĂ€ter habe sie den Text mit der Schreibmaschine, dann mit dem Computer und jetzt mit Laptop verfasst. Jede Ausgabe behandle eine andere Situation, welche die Rentnerin selbst erlebt habe. Aus der ausgewĂ€hlten Ausgangssituation erfand Fuchs eine Geschichte, illustrierte sich selbst als FĂŒchsin, die Protagonistin der Fuchspost, und schrieb reimende Zeilen dazu. «Auch meine âBusleâ Frisbee kommt immer wieder vor», erzĂ€hlt Nina Fuchs.
In erster Linie hĂ€tten Nina Fuchsâ Verwandte den Weihnachtsgruss erhalten. Dann bekamen Schulkolleginnen aus Sursee, Bekannte aus ZĂŒrich sowie ihre Sportfreunde und viele Reisebekanntschaften aus anderen LĂ€ndern an Weihnachten Post aus Sempach. «Es ist immer weitergewachsen», sagt Fuchs lĂ€chelnd, Â«ĂŒberall, wo ich mitmachte, fanden sich Personen, welche sich an der Fuchspost erfreuten.» Dass die Begeisterung gross ist, wĂŒrden die vielen positiven Antworten zeigen. Fuchsâ Briefkasten sei jedes Mal ĂŒberfĂŒllt: «Heute war wieder ein ganzes âBiigeliâ drin. Es kommen ganz herzige Sachen zurĂŒck», lĂ€chelt Nina Fuchs und erzĂ€hlt, dass sie froh sei, nicht vor 18 Jahren den Schlussstrich gezogen zu haben: «2006 ist mein Mann gestorben und da wollte ich aufhören. Aber die Leute haben mir gesagt, dass ich unbedingt weitermachen soll.» Jetzt, nach 40 Jahren, verabschiedet sich die lustige FĂŒchsin endgĂŒltig.
Es wĂŒrde ihr nun einfach zu viel werden: «Der Aufwand ist sehr gross. Die Ideen mĂŒssen gefunden, der Text geschrieben und ĂŒbersetzt, die Illustrationen gezeichnet, Adressen verwaltet und Etiketten gedruckt werden.» Ein paar Wochen arbeite die Seniorin schon an der Fuchspost. «Und mit dem Laptop komme ich auch nicht mehr so klar», erklĂ€rt Fuchs und meint, dass dies die Arbeit fĂŒr sie noch aufwĂ€ndiger macht. «Es reut mich schon, dass ich jetzt aufhöre, aber ich habe die letzte Ausgabe trotzdem humorvoll gestaltet.» Die Leute könnten so, trotz der traurigen Nachricht, lachen. Dies sei Nina Fuchs wichtig. «Das war mein Ansporn: Den Leuten eine Freude machen.» Alle hĂ€tten auch VerstĂ€ndnis und wĂŒrden sich fĂŒr die Jahre, in denen sie die Fuchspost erhalten haben, bedanken. Fuchsâ Nachbar habe ihr sogar eine Merci-Schokolade geschickt, erzĂ€hlt die Rentnerin lachend. «Gerade ârĂ€bletsâ am Telefon, beim E-Mail und in der Post», sagt sie. Gerade wegen diesen Kontakten wĂŒrde ihr die Fuchspost so am Herzen liegen. «Ich habe noch Turnkolleginnen in ZĂŒrich, die ich nie mehr gesehen habe, aber durch die Fuchspost einmal im Jahr Kontakt mit ihnen habe. Und es ist etwas, was sonst niemand macht. Es ist total quer in der Landschaft», lacht die Seniorin.
Nina Fuchs erzĂ€hlt, dass sie nach der Schule in Sursee gerne die Kunstgewerbeschule absolviert hĂ€tte, doch diese galt als unseriös. «Mein Vater hat mich dann fĂŒr das KV angemeldet, fertig, âbummsâ. In meiner Generation hat man noch gehorcht und sich nicht gewehrt», erzĂ€hlt sie, aber trotzdem habe sie mit der besten Note abgeschlossen. «Sie mussten mich bei der AushĂ€ndigung des Abschlusszeugnisses dreimal aufrufen, bis ich es realisiert hatte», erzĂ€hlt sie lachend. Dann sei Fuchs einige Jahre in ZĂŒrich und in Biel tĂ€tig gewesen. «Nach der Heirat in ZĂŒrich habe ich bei verschiedenen Bekannten meines Mannes in diversen Branchen ausgeholfen, wenn diese Hilfe brauchten.» Zeit fĂŒrs Zeichnen und Malen blieb aber: «Ich habe lange Unterrichtsstunden in einem Freizeitzentrum in ZĂŒrich genommen.» Mit einer Freundin habe sie auch ein kleines Malatelier gefĂŒhrt, welches sie aber aufgab, als sie 1998 von ZĂŒrich nach Sempach zog. «Mein Mann war zu dieser Zeit schon krank. Darum habe ich es aufgegeben, aber ich habe immer wieder fĂŒr mich gezeichnet», erklĂ€rt Nina Fuchs. Ăber ihrem Sofa können drei selbst gemalte Bilder betrachtet werden: Es seien alles Momente von den Reisen, die sie mit ihrem Mann gemacht hat. In Sempach hat sie eine neue BeschĂ€ftigung im Rathaus Museum gefunden. 17 Jahre lang hat sie dort gerne GĂ€ste empfangen und betreut.
«Ich muss eher die LĂ€nder aufzĂ€hlen, in denen ich noch nicht war», meint Fuchs schmunzelnd. Sie und ihr Mann seien Â«ĂŒberall ein bisschen gewesen, ganz abenteuerlustig». Australien habe es ihr aber sehr angetan. Zwei Mal sei das Ehepaar dort gewesen und flog mit Kleinflugzeugen quer ĂŒber das Land. Nina Fuchs wĂ€re am liebsten geblieben: «Aber dies ging nicht, aber ich hĂ€tte dort sofort Wurzeln geschlagen.» Wirklich ans Auswandern gedacht habe sie nicht, denn auch ein anderes Land habe ihr Herz erobert: «Island, dort habe ich nĂ€mlich meinen Mann kennengelernt.» Heute reise die Seniorin auch noch, «aber nur noch bequem». Sie sei froh, dass sie frĂŒher viel gereist ist: «Es war damals schöner zu reisen. Man konnte einfach gehen, musste nichts reservieren und bei den schönen PlĂ€tzen war man praktisch allein», erlĂ€utert Fuchs. «Es war herrlich.» Der Tourismus heute mache das alles ein bisschen kaputt und locke sie auch nicht. Aber das Reisen reduziere sich sowieso mit dem Alter, meint sie: «Obwohl es mir noch gut geht, bemerke ich das Alter trotzdem. Man kann sagen, was man will, aufhalten kann man den Alterungsprozess nicht.» Von ihren frĂŒheren Reisen hat Nina Fuchs ihre Erinnerungen â und die Fuchspost. Viele Erlebnisse hat sie dort in lustige Geschichten verarbeitet und ihre Liebsten wussten immer Bescheid, was Nina Fuchs und ihr Mann in diesem Jahr gemacht haben. In der Box vor ihr â mit jeder Ausgabe der Fuchspost â leben diese Erinnerungen weiter, auch wenn die lustige FĂŒchsin dieses Jahr definitiv in Pension geht.
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