Wer glaubt, dass das «Klimablatt», welches am 23. und 24. September in einer Million BriefkĂ€sten der Schweiz zu finden war, als lang geplantes Projekt realisiert worden war, tĂ€uscht sich schwer: Alles begann mit einem spontanen Aufruf Ende Juli in einem Chat-Forum der Schweizer Klimastreikbewegung nach einer Sitzung auf nationaler Ebene. Die Idee, in Eigenregie ein rein informatives und faktenbasiertes Blatt zum Wandel des Klimas herzustellen, begeisterte, und schnell fand sich ein Kernteam aus 15 Interessierten zusammen. Unter ihnen war auch die 25-jĂ€hrige Sonja Estermann aus Hildisrieden. «Uns ist aufgefallen, dass sich viele Leute zu wenig mit dem Klimawandel auseinandergesetzt haben und es auch gar nicht so einfach ist, sich schnell und gezielt informieren zu können. Das wollten wir gerade im Hinblick auf die Wahlen schleunigst Ă€ndern», erklĂ€rt sie die Idee des Klimablatts. Mit der vierseitigen Zeitung sollen möglichst viele Leute eine verstĂ€ndliche und wissenschaftlich fundierte Quelle zu den Fakten des Klimawandels erhalten und sich auch im Hinblick auf die Wahlen bewusst werden, welche Verantwortung man mit seiner Stimme trĂ€gt, speziell auch dann, falls man nicht wĂ€hlen geht. «Dann nĂ€mlich ĂŒberlĂ€sst man anderen die Gestaltung der Zukunft, und das darf einfach nicht sein», ist sich Estermann bewusst. Wahlempfehlungen gibt die Redaktion des Klimablatts jedoch bewusst nicht ab: «Wir haben uns von Anfang an als parteiunabhĂ€ngig definiert», so Estermann dazu.
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Grosses Crowdfunding
Das Team des Klimablatts, bestehend aus 15 ZustĂ€ndigen und insgesamt 25 Helfern mit jeweils kleineren Aufgaben, stampfte innerhalb kĂŒrzester Zeit ein passendes Konzept aus dem Boden. Ein wichtiges Thema dabei war die Finanzierung. Die Lösung dafĂŒr: Crowdfunding. Im Internet warb man aktiv mit kleinen «Goodies» wie einer persönlichen Postkarte oder selbst gemachter Marmelade, um das Geld fĂŒr die Distribution des Klimablattes auftreiben zu können. Insgesamt 1728 Menschen spendeten den jungen Erwachsenen 149â647 Franken fĂŒr den Druck von 1â067â000 Ausgaben â und es kommt noch immer Geld rein. «Mit den nachtrĂ€glichen Spenden konnten wir bereits weitere 150â000 Exemplare drucken», bilanziert Sonja Estermann freudig. Man ĂŒberlege sich, noch vor den Wahlen eine dritte Auflage zu veröffentlichen und spĂ€ter allenfalls in Richtung eines «Klimablatt-Abos» zu gehen. Das Klimablatt selbst wurde gemĂ€ss der Redaktionsmitarbeitenden Estermann auf höchstem Klima-
standard gedruckt und die Emissionen doppelt kompensiert.
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Geteilte Meinungen
NatĂŒrlich hat das Klimablatt Resonanz geschaffen. Estermann erzĂ€hlt, dass viele Twitter-Nachrichten eingegangen seien â «positiver und negativer Art», wie sie sagt. Es seien auch diverse konstruktive Diskussionen daraus hervorgegangen: «Oft ist man sehr konkret auf unsere Texte eingegangen, wollte genauere Stellungsnahmen hören und es entstand im Verlauf des GesprĂ€chs ein richtig interessanter Diskurs.»
Den Vorwurf, dass die Jugend nur kritisieren könne, aber selber noch gar nichts geleistet hÀtte, lÀsst Estermann kalt: «Es geht hier nicht darum, wer was geleistet hat, sondern um die Zukunft der Menschheit. Es spielt absolut keine Rolle, wer das Thema auf den Tisch bringt, wichtig ist, dass jetzt endlich gehandelt wird. Zum Warten ist die Zeit leider abgelaufen.»
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Engagement fĂŒr die Umwelt
Nicht nur mit dem Klimablatt und an Klimastreiks engagiert sich die gebĂŒrtige Hildisriederin aktiv fĂŒr die Umwelt, sondern auch in ihrem Alltag trĂ€gt sie mit dem Verzicht auf Palmöl und Fleisch, der Vermeidung von Plastikabfall und dem bewussten Einkaufen etwas zum grossen Ganzen bei. FĂŒr sie beginnt es schon bei den kleinen Dingen, die man mit wenig Aufwand im eigenen Alltag integrieren kann: Die Einkaufstasche von Zuhause mitnehmen, aus der Glasflasche trinken statt eine neue Petflasche kaufen und lieber einmal mehr zu Fuss gehen, als sich ins Auto zu setzen.
Doch nur an die Eigenverantwortung könne man in den nĂ€chsten Jahren nicht mehr appellieren, meint Estermann. Sie distanziere sich aber klar von der sogenannten «Verbotspolitik», befĂŒrworte dafĂŒr viel mehr das Schaffen von Anreizen durch Subventionen oder Ăhnlichem.
Sonja Estermanns blickt trotz grossen Herausforderungen optimistisch in die Zukunft: «Das erste Mal seit zehn Jahren habe ich die Hoffnung, dass die Malediven auch noch in Jahren ĂŒber Wasser zu sehen sein werden â nĂ€mlich dann, wenn wir jetzt handeln und nicht nur reden.»
Mehr unter www.klimablatt.ch.
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