Die Bedeutung der Kinderbetreuung in der Region ist gestiegen. Durch die Zunahme von Arbeitsplätzen und das Entstehen neuer Wohnquartiere stieg auch die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder in den verschiedenen Alterskategorien. «Deshalb wird es zunehmend wichtiger, verschiedene qualitativ gute, kindergerechte Angebote für die Bedürfnisse junger Familien bieten zu können», sagt Christine Streit, Vermittlerin von Tagesfamilien beim Kinderhaus Sursee. «Wurde die Kinderbetreuung früher noch als reine ‘Familienangelegenheit’ gesehen, hat sich dies stark verändert», sagt auch Julia Rossmann, Betriebsleiterin der Seevogtey Sempach. «Als unser Verein 1997 gegründet wurde, gab es kaum alternative familienergänzende Betreuungsplätze für Kinder. Heute werden in der Region mehrere Kitas geführt, und als besonders umfangreiche Ergänzung wurden die schulergänzenden Tagesstrukturen ausgebaut.»
Primarschulkinder, welche diese Tagesstrukturen nutzen, seien früher in der Regel in Tagesfamilien betreut worden. Daher habe dieser Ausbau zu einer Rückläufigkeit des Betreuungsbedarfs in Tagesfamilien geführt, sagt Julia Rossmann. «Viele Betreuungspersonen in Tagesfamilien haben sich damals neu orientiert», bestätigt auch Christine Streit. Sie sieht aber noch weitere Gründe, warum es weniger Tagesfamilien gibt. Viele junge Familien teilten sich die Erwerbstätigkeit auf, sodass beide Elternteile berufstätig seien. Bei der Doppelbelastung von Familie und Beruf bleibe keine Kapazität, zusätzliche Kinder betreuen zu können. Zudem sei die Wertschätzung in der Gesellschaft für Betreuungspersonen bescheiden, so auch in der Kinderbetreuung. «Oft werden Frauen belächelt und geringschätzig behandelt, wenn sie sich als Betreuungsperson in Tagesfamilien vorstellen», bedauert Streit. Julia Rossmann ergänzt: «Die Entschädigung pro Stunde ist geringfügig, das Engagement als Tagesfamilie bedeutet sozialen Einsatz über den Verdienst hinaus.» Es ist gesetzlich geregelt, dass eine Betreuungsperson zeitgleich höchstens fünf Kinder unter 12 Jahren betreuen darf. Hat die Betreuungsperson eigene Kinder, werden diese auch dazugerechnet.
Die Wichtigkeit der Tagesfamilien dürfe aber trotz der Abnahme der Betreuungsstunden nicht unterschätzt werden, warnt Julia Rossmann. Vor allem Eltern mit unregelmässigen Arbeitszeiten profitierten von dieser Form. «Zudem gibt es Kinder, die in einem familiären Rahmen besser aufgehoben sind als in einer Gruppe», gibt die Betriebsleiterin der Seevogtey zu bedenken. «Tagesfamilien betreuen immer wieder Kinder, die in den Tagesstrukturen als ‘nicht tragbar’ gelten.» Diese Kinder reagierten beispielsweise mit schwierigen Verhaltensweisen auf die vielfältigen Reize und die Gruppendynamik oder haben Mühe mit Reizüberflutung.
Mit gezielten Aufrufen, Flyeraktionen und der Zusammenarbeit mit umliegenden Vermittlungen gehen beide Organisationen ihren Tagesfamilienmangel an. «Wir haben mit Studierenden der HSLU eine Customer Experience durchgeführt. Hier hat sich gezeigt, dass der Lohn sicher ein ausschlaggebender Punkt für die sinkende Anzahl Tagesfamilien ist, aber auch ein Wandel in unserer Gesellschaft stattfindet», so Christine Streit. Julia Rossmann ergänzt: «In unseren Einzugsgemeinden haben wir jeweils ortskundige Gemeindedelegierte, die vor Ort Werbung machen und bei Bedarf direkt mit den Familien sprechen. Die effektivste Werbung ist jedoch, wenn unsere Tagesfamilien in der Gemeinde präsent sind und durch ihre Arbeit das Interesse anderer Eltern wecken und begeistern.»
Dabei müsse es nicht die klassische Familie sein: «Als Betreuungsperson eignet sich, wer gerne mit Kindern unterwegs ist, sich Kindern und ihren Familien ein Stück weit auch anpassen kann und über Empathie, Zeit, eine gute Gesundheit und Zuverlässigkeit verfügt», sagt Christine Streit. Dies könnten auch Einzelpersonen sein. «Es ist nicht zwingend, dass jemand selbst Kinder hat, um Tageskinder betreuen zu können», so Streit. Grundsätzlich könne sich jede Person als Betreuungsperson bewerben, welche die gestellten Anforderungen erfüllt. Dabei halten sich beide Organisationen an die Vorgaben ihres Branchenverbands «kibesuisse». Geeignete Tagesfamilien müssten sich bewerben und würden im persönlichen Gespräch und beim Hausbesuch evaluiert. Durch die strukturierte Abklärung werde sichergestellt, dass nur Tagesfamilien ausgewählt werden, die den Standards von «kibesuisse» entsprechen und eine sichere, liebevolle und förderliche Umgebung für die Kinder bieten können. «Damit der geforderte Grundkurs für Betreuungspersonen in einer Tagesfamilie bei ‘kibesuisse’ besucht werden kann, ist es notwendig, Deutsch auf Niveau B2 zu beherrschen», so Streit.
In der Kita Kinderhaus in Sursee werden über 80 eingeschriebene Kinder in zwei altersgemischten Gruppen mit je 12 Betreuungsplätzen betreut, insgesamt 24 Plätze pro Tag. Zusätzlich bietet die Kita Ferienbetreuung an, mit bis zu 20 Plätzen pro Tag. Derzeit werden 24 Kinder in sieben Tagesfamilien betreut, und sieben Nannys kümmern sich um 24 Kinder.
In der Kita der Seevogtey werden täglich 10 bis 14 Kinder betreut. 2023 leisteten die Tagesfamilien für 128 Kinder aus 78 Familien 26’777 Betreuungsstunden. Die Ferienbetreuung alterniert mit den angebotenen Wochen in Sursee und betrug fünf Schulferienwochen pro Jahr. Pro Tag werden bis zu 14 Kinder betreut.
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