Das Schtei-Publikum war am Freitagabend gewissermassen Zeuge einer Transformation. Simone Felbers Iheimisch, das Herzensprojekt der Luzerner Mezzosopranistin Simone Felber, hat als Trio 2020 eine ersten Tonträger herausgebracht. Doch nun ist ein Quartett daraus geworden, das am 14. September im Kleintheater Luzern die Premiere der zweiten CD feiern wird. Und mitten in diesem Übergang befand sich nun eben das Sempacher Publikum, das von Simone Felbers Iheimisch sowohl die älteren Stücke im Trio als auch neue im Quartett geniessen konnte.
Allen Stücken wohnt eine Experimentierlust inne, eine ausdrucksstarke Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Volksmusik, neudeutsch New Folk genannt. Daraus entwickeln Simone Felber (Stimme), Rafael Jerjen (Kontrabass), Adrian Würsch (Schwyzerörgeli) und die Cellistin Polina Niederhauser, die aus dem Trio ein Quartett gemacht hat, eine grosse Spannbreite an Sounds, Klangfarben und Variabilität, die man in der Volksmusik so selten antrifft. Auch wenn in Felbers Stimme die klassische Ausbildung durchschimmern mag, ist es doch der Jodel, der die Stücke prägt. Im Schtei konnte man sich aber auch von weiteren verblüffenden Sounds betören lassen, die die Sängerin ihrem Stimmorgan entlockte, so insbesondere im Stück «Sträggelenacht».
Dass Simone Felber traditioneller Volksmusik und starren Vorgaben ebenso wenig abgewinnen kann wie gewissen Liedtexten der Jodelliedliteratur, machte sie auch im Schtei deutlich. So bot sie beispielsweise das Stück «Paläontologie» dar, in welchem sie die «alten, weissen Dinosaurier» besang, untermalt mit schrägem Klangkostüm und sarkastisch-anklagendem Text. Ein feministischer Unterton schwang auch immer mal wieder mit.
In der neuen Produktion mit dem Quartett, «Totätanz», bringt sie ein Tabuthema unverblümt, bisweilen mit Witz, aber genauso mit Tiefgang zur Sprache: den Tod. So besingt sie in einem bedrückend wirkenden, fast meditativen Stück den Freitod eines Menschen. In einem anderen lässt sie sich darüber aus, dass sie nach ihrem eigenen Tod gerade wieder zurückkehren werde, falls ihr die Angehörigen einen durchwegs tristen und traurigen Abschied bereiten würden.
Klanglich eine wahre Untergangsstimmung beschwor die Band im «Raucher vor de Klinik» herauf, mit diesen bleischweren Klängen in Moll, die die Herzen der Zuhörenden schon beinahe unter die Erde drückten. Welch Kontrast dazu boten Simone Felbers Iheimisch aber auch mit lüpfigen, fröhlichen Klängen, die an eine ausgelassene Stubete erinnerten. Der Schtei erlebte so quasi ein Wechselbad der Gefühle, das in einen begeisterten Schlussapplaus mündete, bei dem sich sogar einzelne von den Sitzen erhoben. Die eine oder der andere mochte sich bestimmt gewünscht haben, Volksmusik sollte doch immer so innig und emotional vorgetragen werden. Der Beitrag des Konzertkellers im Schtei zum Zentralschweizerische Jodlerfest Ende Juni war ein einer der etwas anderen, gewagten – und äusserst wohltuenden – Art.
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