15 Schüler aus acht Abschlussklassen der Stadtschulen Sursee suchen derzeit noch nach einer Lehrstelle. Verglichen mit den vorherigen Jahren seien das nicht mehr als sonst, sagt SekundarlehrerinMiriam Hugentobler. Die junge Lehrerin ist verantwortlich für die Berufswahl des abgehenden Jahrgangs. Bis zu den Sommerferien werden sie und die anderen Lehrpersonen die Schüler dabei unterstützen, Bewerbungen zu schreiben und Schnupperlehren zu organisieren. Provisorisch seien aber alle bei der «Triage» des Kantons Luzern angemeldet. Diese organisiert für Schulabgänger ohne Anschlusslösung individuelle Brückenangebote. «Das hat vielen den Druck genommen. Sie wissen, dass sie irgendwohin kommen, dass es weitergeht nach den Sommerferien.» Hugentobler ist sich aber sicher, dass noch einige der 15 Schüler eine Lehrstelle finden werden. Sekschulleiter René Glanzmann wirft ein: «Es sind jetzt noch sieben Wochen. Da wird noch einiges gehen.»
Begehrte Berufe früh weg
Die Lehrstellen in den Bereichen Informatik, KV, Gesundheit, Banken, Versicherungen und Grafik seien am gefragtesten und dementsprechend am schnellsten vergeben, erklärt Hugentobler. Die meisten Schüler bewerben sich dafür am Ende der 2. Oberstufe und hätten im Herbst bereits die Lehrstelle. Bei den handwerklichen Berufen, im Detailhandel oder auch als Coiffeur beginne der Selektionsprozess erst später im Frühling. Gerade in diesen Berufen hätte es derzeit noch viele Lehrstellen zu vergeben.
Aufgrund des Lockdowns mussten die beiden Schnupperwochen der 2. Oberstufe im März abgebrochen werden. Auch sonstige Schnupperlehren waren während des Lockdowns kaum möglich. Erst nach den ersten Lockerungen konnten die Jugendlichen wieder gehen.«Die Ausgangslage der 3.-Sek-Schüler wäre aber vermutlich bei normalem Unterricht dieselbe gewesen», so Glanzmann.
Nicht die Traumstellen
260 offene Lehrstellen zeigt der Kantonale Lehrstellennachweis in der Region Sursee-Sempach-Triengen im Umkreis von zehn Kilometern an. Vergrössert man den Radius, sind es noch mehr. Einige der Stellen wurden auch gerade erst aufgeschaltet. Miriam Hugentobler kann sich gut vorstellen, dass es sich dabei aber nicht um die Traumstellen der Jugendlichen handelt. Oftmals sei das Problem, dass sich Schüler stark auf einen bestimmten Beruf fokussieren.
Als Beispiel nennt sie einen Schüler, der sich stark auf den Beruf Hochbauzeichner konzentrierte, da es sein Kindheitstraum war, Architekt zu werden. Er schnupperte in verschiedenen Betrieben, schrieb viele Bewerbungen, erhielt am Ende jedoch nur Absagen. Die Rückmeldungen waren dieselben: Er sei talentiert, habe ein gutes Vorstellungsvermögen, zeige aber wenig Einsatz. Der Jugendliche liess sich nicht von seinem Berufswunsch abbringen. «Man muss sich auch nicht abbringen lassen», wendet Hugentobler ein. «Eine Absage heisst nicht, dass er das nie lernen könnte. Aber man sollte sich überlegen, welche Alternative es gibt.»Schliesslich schlug die Berufsberatung den Beruf Konstrukteur vor. Der Junge merkte, dass dieser Beruf ihm sogar noch besser gefiel. Er bekam die Stelle auf Anhieb.
2. Oberstufe sorgt sich
Alle Schüler sollten sich in der 2. Oberstufe drei Berufe aussuchen, für die sie sich später bewerben werden. «Sie müssen auch offen dafür sein, über Umwege dahin zu kommen», so Glanzmann. Eine von Hugentoblers Schülerinnen wollte beispielsweise unbedingt Lehrerin werden, doch die Schulnoten genügten für die Fachmittelschule oder das Kurzzeitgymnasium nicht. «Ich habe ihr gesagt, dass sie sich überlegen soll, wie sie auf Umwegen, mit Quereinsteigermöglichkeiten, dorthin kommt. Unser Bildungssystem ist so offen und durchlässig, dass man mit einem Zweitweg immer noch ans Ziel kommt«, sagt Hugentobler. Glanzmann fügt hinzu: «Das nimmt auch den Druck raus. Man kann über alle Wege studieren oder es in den Wunschberuf schaffen.Wenn man es auch wirklich will.»
Und wer sich unsicher ist und nichts riskieren möchte, für den sei auch ein Zwischenjahr nicht verkehrt, findet Glanzmann. In den Praktika, welche die Jugendlichen von der «Triage«vermittelt bekommen, können sie Erfahrungen sammeln und herausfinden, was sie eigentlich wollen. «Das ist keine verlorene Zeit, auf das ganze Leben betrachtet. Besser als wenn man übereifrig ist und nach ein paar Monaten merkt, die Lehre gefällt mir nicht.»
An den Sekundarschulen Sempach und Triengen sieht die Situation ähnlich aus. In Triengen suchen noch 13 Schüler aus fünf Klassen nach einer Lehrstelle, in Sempach sind es zwei Schüler aus zwei Klassen. Philipp Zihler, Sekschulleiter Triengen, und Beatrice Fleischlin, Verantwortliche für die Berufswahl in Sempach, bestätigen, dass die ausserordentliche Lage in den vergangenen Wochen nur wenig damit zu tun habe. «Die Folgen des Coronavirus werden wir vermutlich erst in einem Jahr sehen», sagt Fleischlin. Sie vermutet, dass nicht die Jugendlichen der 3., sondern der 2. Oberstufe die Leidtragenden sein werden. «Es ist gut möglich, dass Firmen, die finanziell weniger gut dastehen, im nächsten Jahr keine Lehrstellen anbieten werden, gerade im Gastgewerbe oder Detailhandel.»Dasselbe Bedenken äusserte auch René Glanzmann: «Der Lockdwon hat vor allem die Eltern der 2.-Sek-Schüler verunsichert, da die Schnupperlehren abgesagt wurden.»Bei diesen Schülern habe der Bewerbungsprozess gerade erst angefangen.
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