Heisse und trockene Sommer sind in den letzten Jahren vermehrt vorgekommen. Sie haben in der Schweiz zeitweise zu Wasserknappheit geführt, unter der auch die Bäume gelitten haben. Dies wiederum hat die starke Vermehrung von Borkenkäfern, auch Buchdrucker genannt, begünstigt. Dieser Schädling befällt vornehmlich geschwächte Fichten. Weil der Holzpreis zudem im Keller ist, bleibt das Holz in den Wäldern oftmals länger liegen, so etwa auch Sturmholz (Ausgabe vom 1. April).
Die Waldnutzer sind in einem Dilemma. Einerseits fällt durch die erwähnten Witterungsfälle, die einen direkten Zusammenhang mit der Klimaerwärmung haben, viel mehr Holz an, als dafür eine Nachfrage bestünde. Sie müssten ihre Wälder räumen und wieder aufforsten, doch rentabel ist diese Arbeit wegen des tiefen Holzpreises kaum mehr. «Im letzten Jahr konnte aus logistischen oder ökonomischen Gründen nicht alles Käferholz aufgerüstet werden», erläutert Martin Bader, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf. Dies wäre aber nötig, um dem Schädling möglichst wenig Holzmaterial für die Fortpflanzung zu bieten.
Borkenkäfer nisten sich gerne vor allem in geschwächten Fichten ein, weil diese Bäume dann nicht mehr genügend Harz für die Abwehr produzieren können. «Trockengestresste Fichten sind besonders anfällig für Borkenkäfer», bekräftigt Martin Bader. Dabei gehörte diese Baumart eigentlich gar nicht ins Mittelland. «Die Fichte ist natürlicherweise eine Baumart des Gebirgswaldes», ergänzt Barbara Allgaier, technische Mitarbeiterin Waldressourcen und Waldmanagement beim WSL. «In tiefen und mittleren Lagen leidet sie als erste unter dem Klimawandel.» Bis in die 1970er- und 1980er-Jahre hinein ist die Fichte aus wirtschaftlichen Gründen im Mittelland und in den Voralpen stark gefördert worden.
Doch es gibt Licht am Horizont. Gemäss dem vierten Schweizerischen Landesforstinventar, das auf Feldaufnahmen in der Zeit von 2009 bis 2017 basiert, ist die Fichte mit einem Vorratsanteil von 41 Prozent derzeit zwar noch die wichtigste Baumart im Kanton Luzern, vor der Weisstanne mit 30 und der Buche mit 17 Prozent. «Doch ihr Vorrat ist in der Vergangenheit schon stark zurückgegangen», bestätigt Barbara Allgaier. Will heissen, dass die Luzerner Wälder zunehmend wieder Richtung Mischwälder tendieren; jene Zusammensetzung also, welche für Mittellandforst natürlicherweise typisch wäre. Allgaier sagt denn auch, dass die Erhöhung der Vielfalt ein bewährtes Mittel gegen Risiken jeglicher Art sei.
Zu einem solchen Risiko zählt der Borkenkäferbefall. Nachdem 2020 schon ein schlimmes Schädlingsjahr war, könnte es auch in diesem Jahr wieder ungemütlich werden, in erster Linie für die Fichten. «Die Witterung spielt eine grosse Rolle, ob der Befall in diesem Jahr noch schlimmer wird als im Vorjahr», erläutert Martin Bader. Bei einer langen Trockenphase wäre dies vermutlich der Fall. Allerdings ruft er auch in Erinnerung, dass der viele Schnee, der auch im Flachland gefallen war, die Bodenwasserreserven gut aufgefüllt hat. «Dies kommt der Abwehrkraft der Fichte zugute.»
Die Klimaerwärmung und mit ihr die Wahrscheinlichkeit von Trockenperioden geht ungebremst weiter. «Wir haben gesehen, dass in trockenen Jahren wie 2003 und 2018 Bäume verbreitet absterben», sagt Peter Brang, der sich am WSL unter anderem mit den Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Wald und den Lenkungsmassnahmen des Menschen befasst. Neu sei, dass nicht nur Fichten betroffen seien, sondern zunehmend auch Weisstannen und Buchen. «Meist verjüngen sich die Bestände von selbst. Doch bei Laubbäumen droht der Verbiss durch Rehe oder Hirsche, weshalb diese durch Plastikrohre geschützt werden, wie sie etwa auch im Eichwald zu beobachten sind.
Förster unternähmen seit Jahren Massnahmen zur Anpassung des Waldes an die Klimaerwärmung. So pflanze man teils Bäume aus Saatgut, das in Wäldern gewonnen worden sei, die schon heute relativ trocken und an Wärme gewohnt seien, sagt Peter Brang. Man nehme quasi vorneweg, was die Natur ohnehin machen würde, nämlich dass sich die Bäume in Lebensräumen ansiedeln würden, in denen ihnen das Klima zusage. «Der Mensch beschleunigt diese ‘Wanderung’». Allerdings seien die erwarteten Veränderungen des Klimas so gross, dass die genetische Anpassung der Bäume nicht ausreichen dürfte, unterstreicht Peter Brang. Doch für ihn ist klar: «Die grösste Hilfe für den Wald ist ein rascher und starker Rückgang der Treibhausgasemissionen.»
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