In Ihrer Rolle als Kabarettist haben Sie voraussichtlich noch bis im September eine Zwangspause. Vermissen Sie die Zeit auf der BĂĽhne, das Lachen des Publikums?
Die Bühne vermisste ich von Tag zu Tag weniger. Im Gegenteil, es tat enorm gut, zu merken, dass ich offenbar nicht süchtig nach Applaus bin. Aber als Humorist braucht man das Zusammenspiel mit dem Publikum, im Home Office fand ich mich selber nicht lustig. Für mich ist das wie im Blues: Es ist ein Call and Response, die Leute auf den Rängen sind die Hälfte der Show. Wenn sie fehlen, ist unser Wirken nutzlos. Erst die Reaktion, der Zu- oder Widerspruch machen unsere Kunst lebendig. Deshalb sind für mich Instagram und Facebook auch kein Ersatz für das Live-Erlebnis, den direkten Austausch im Theater.
Sie sind unter anderem auch noch Journalist, Buchautor und arbeiten bei Dokumentarfilmen mit. Da wurde es Ihnen als arbeitsloser Kabarettist in der Coronazeit bestimmt nie langweilig. Wie haben sie die Zeit abseits der BĂĽhne genutzt?
Das war bestimmt ein Vorteil, dass ich auch andere «Kanäle» habe. Ich habe es in der Tat sehr genossen, mehr Zeit fürs Schreiben zu haben und all meine Gedanken zu ordnen. Das Resultat wird ein Sammelband mit Musikreportagen sein, die ich zwischen 1993 und 2018 verfasst habe. Er ist in der Coronazeit fast fertig geworden. Ein weiteres Buchprojekt habe ich angerissen, und, ja, die Idee für einen Dokfilm kam mir auch…
Lange nicht alle Ihrer Kolleginnen und Kollegen sind so breit gefächert wie Sie. Was bedeutet Corona für die Schweizer Kabarett- und Kleinkunstszene?
Das stimmt, wer allein auf die Bühne angewiesen ist, hatte es schwer. Das eine sind all die ausgefallenen Auftritte. Die kann man zwar zum Teil nachholen, aber man wäre am Verschiebedatum ja woanders aufgetreten –die ursprüngliche Gage ist also verloren. Das andere, das wohl schwerer wiegt: Die Krise wird noch lange nachwirken. Viele Budgets werden reduziert, viele Firmenanlässe, Generalversammlungen und Kongresse, an denen Comedians gutes Geld verdienen könnten, werden gestrichen. Manche Kolleginnen und Kollegen sind existenziell bedroht, und wie öd ein Land ohne Kultur wäre, würden wir vermutlich erst merken, wenn es zu spät ist. Dennoch ist mir wichtig, genauso an den Sportladen bei uns im Quartier zu denken, die Floristin und all die Tausenden anderen Gewerblerinnen und KMU im Land. Die Krise traf sie alle.
Bänz Friedli, was würde Elvis sagen zur ausserordentlichen Lage, in der wir uns nun seit mehreren Monaten befinden?
Der hat viel Verrücktes miterlebt: Den Fall der Rassenschranken in den USA, die Ermordung Kennedys, den Vietnamkrieg, die Ölkrise der 1970er-Jahre. Er war sogar selber als amerikanischer Soldat in Deutschland im Einsatz. Und er hat all dies recht ungerührt hingenommen, sich kaum je zu einzelnen Themen geäussert. Was aber nicht heisst, dass seine Musik nicht doch eine ungeheure gesellschaftliche Sprengkraft hatte: Er machte den «schwarzen», afromamerikanischen Sound massentauglich, er befreite das prüde Amerika von falschen Konventionen und verlogener Moral. Zu Corona würde er wohl singen, statt zu reden: «A little less conversation, a little more action, please …!»
So, der Übergang weg von Corona ist gelungen. Ist «Was würde Elvis sagen?» doch der Name Ihres vierten Bühnenprogramms, das Sie auch an den Soorser Comedy Täg spielen. Was hat es mit dem Namen auf sich?
Elvis begleitet mich durchs Leben, ich entdecke seine Musik immer wieder neu. Und der Kult um ihn fasziniert mich. Eine Ikone der Populärkultur. Das bot sich an als roter Faden durch mein Programm, das sich ansonsten mit viel Aktuellem wie Klimawandel, Digitalisierung der Arbeitswelt, Rüstungsexporten und den Kapriolen des Aussenministers Cassis befasst.
Welchen Stellenwert hat fĂĽr Sie Elvis als Musiker?
Er ist die Nummer eins. Fertig. Ohne Elvis keine Beatles, kein Bob Dylan, keine Billie Eilish, kein gar nichts. Er ist der Urknall der Popkultur, jede spätere Karriere lässt sich an der seinen spiegeln, keine lässt sich mit seiner vergleichen. Der Mann war ein Genie, er hat die gesamte westliche Welt verändert. Ich könnte nicht mehr aufhören, wenn ich nun ins Schwärmen über Elvis gerate …
Warum sollen die Leute für Ihre Vorstellung Tickets kaufen – oder anders gefragt, auf was darf sich das Publikum während ihrer Vorstellung freuen?
Vielleicht darauf, über Dinge lachen zu können, die uns alle im Alltag aufregen. Kleine und grosse Dinge.
Bleiben Sie gesund! Nicht, dass die Vorfreude des Surseer Publikums am Ende vergebens war. Diesen viel gehörten Slogan verwende ich für einmal nicht wegen Corona, sondern weil Sie als Spieler des Schweizer Schriftsteller-Nationalteams Ihre Knochen hinhalten.
Heuer blieb ich verletzungsfrei. Es fielen bisher alle Spiele aus.
Wie kann man sich als Aussenstehender so einen Match unter Schriftstellern vorstellen?
Kommt auf den Gegner an. Die Israeli waren durchtrainiert und knallhart, ihre Fouls – sorry!– sackgrob. Die Schotten waren freundlich und lustig, die Österreicher, unsere Erzfeinde auf dem Platz und Erzfreunde nach Spielschluss, liessen uns zuletzt gewinnen. Hinterher gibts gemeinsame Lesungen, und es fliesst das eine oder andere Bier. Wenn wir nicht grad gegen andere Nationalteams antreten, spielen wir gegen den FC Nationalrat, gegen Banker oder WWF-Angestellte.
Wie sieht unter Schriftstellern Trashtalk auf dem Fussballplatz aus? Ich stelle mir das recht philosophisch vor …
Leider nein. Da ist von Poesie wenig zu hören. Es ist manchmal so gehässig und einfältig wie an jedem anderen Fussballspiel auch.
Apropos philosophisch: Als neues Mitglied der «Schwalbenkönige» huldigen Sie zusammen mit drei Kollegen musikalisch und textlich dem ewigen Thema Fussball …
Es geht ja vor allem darum, den Fussball «schönzusaufen». Also irgendwelche Ausreden und Erklärungen zu finden, weshalb wir der kindischen alten Liebe immer noch nachhängen, obschon das Business und die Politik rund um den Fussball so widerwärtig geworden sind. Auch hier gilt: Lachen hilft!
Damit sich der Kreis schliesst, komme ich noch einmal auf Ihr aktuelles BĂĽhnenprogramm zurĂĽck. Was wĂĽrde Elvis sagen, wenn ich Sie in der FCL-Hochburg Sursee als eingefleischten YB-Fan oute?
Da gibt es wohl nicht mehr viel zu outen. Da dieses Gespräch vor dem Cup-Viertelfinal Luzern – YB stattfindet, ist es frei von Animositäten. Danach reden wir weiter. Und, wehe, ihr schmeisst uns wieder aus dem Cup wie letztes Mal! Nein, im Ernst: Wir waren ja jahrzehntelang die sympathischen Loser. YB vergeigte jeden Titel im letzten Moment, das ganze Land mochte uns. Nach den beiden Meistertiteln 2018 und 2019 sind wir, ganz banal, die Arschlöcher. Das müssen wir noch lernen. Christian Berner
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Tickets gibt es unter www.comedysursee.ch oder in der Buchhandlung Untertor in Sursee.
Das Programm
• Mittwoch, 21. Oktober: Michel Gammenthaler – BLöFF
• Donnerstag, 22. Oktober: Stermann & Grissemann – «Gags, Gags, Gags!»
• Freitag, 23. Oktober: Bänz Friedli – «Was würde Elvis sagen?»
• Samstag, 24. Oktober: Comedy Gschnätzlets mit Michel Gammenthaler (Moderation), Helga Schneider, Lisa Christ und Kiko
• Sonntag, 25. Oktober: Comedy-Matinée im Stadtcafé mit Kiko; Chaostheater Oropax – Testsieger am Scheitel.
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