Die Querflötenstunde von Aline Estermann hat begonnen. Eine Maske kann sie beim Spielen des Blasinstruments nicht tragen – für den Schutz trennt sie eine Plexiglasscheibe von ihrer Lehrerin Judith Rast Zeier. Durch das offene Fenster strömt die kalte Winterluft in das Musikzimmer in Hildisrieden. Die Sicherheitsmassnahmen stören Aline Estermann nicht: «Der Unterricht ist eigentlich genauso wie vorher», sagt sie. Das Einhalten der Schutzkonzepte kennt sie aus der Schule. Die 14-Jährige besucht in Beromünster die 3. Kanti. Aline freut sich, den Unterricht wieder vor Ort zu besuchen. Auch Judith Rast Zeier liegt der Präsenzunterricht am Herzen: «Die Nähe zu den Schülern ist beim Lernen eines Instruments wichtig», sagt die 54-Jährige. Keine Frage: Während Corona ist im Musikunterricht einiges anders als sonst – und noch etwas könnte sich an der Musikschule Hildisrieden bald ändern: Sie plant den Zusammenschluss mit der Musikschule Oberer Sempachersee.
Der Grund dafür ist die Umsetzung der Aufgaben- und Finanzreform AFR 18. Durch die Staatsreform wird die Anzahl der Musikschulen im Kanton Luzern von 30 auf 20 reduziert. Künftig bekommen nur noch Musikschulen Kantonsbeiträge, an denen mindestens 500 Fächer belegt werden – zuvor waren es 200. Hildisrieden erfüllt diese Anforderungen mit rund 250 Fachbelegungen nicht und ist damit auf eine Fusion angewiesen – genauso wie die Musikschule Rain mit rund 350 Fachbelegungen.
Rain, Hildisrieden, Nottwil und Triengen sind heute die letzten alleinstehenden Musikschulen im Lesergebiet der «Surseer Woche» und «Sempacher Woche». Die Musikschule Neuenkirch wurde 2017 in die Musikschule Oberer Sempachersee inte-griert, der die Gemeinden Neuenkirch, Sempach und Eich angehören. Für die Musikschülerinnen und -schüler hat sich damit aber gar nicht mal so viel verändert. «Der Unterricht findet wenn immer möglich in der Wohnortgemeinde statt», erklärt der Kommissionspräsident der Musikschule Oberer Sempachersee und Neuenkircher Gemeinderat Benjamin Emmenegger. Einzig, wenn jemand gezielt bei einer bestimmten Lehrperson oder einem Ensemble proben wolle, nehme diese Person den Weg nach Sempach oder Eich auf sich. Angesprochen auf die angedachte Fusion der Musikschulen Hildisrieden und Rain meint er: «Die Eltern und Musikschüler merken womöglich gar nichts von einem Zusammenschluss.»
Neuenkirch habe bisher nur gute Erfahrungen bei der Musikschule Oberer Sempachersee gemacht. Als Vorteil hebt Benjamin Emmenegger die grössere Auswahl an Angeboten hervor. «Wir haben zum Beispiel ein tolles Mallet-Ensemble mit den Instrumenten Xylophon und Marimbaphon, in dem auch Schülerinnen aus Neuenkirch mitspielen. Oder ein grosser Teil des Jugendblasorchesters, das in Sempach probt, sind Schüler aus Neuenkirch.» Umgekehrt spielten im Streichorchester, das in Neuenkirch übe, viele Lernende aus Nottwil mit. «Dies sind nebst der Administration grosse Vorteile einer grösseren Musikschule.»
Die Vorabklärungen für eine Fusion zwischen den Musikschulen Hildisrieden, Rain und Oberer Sempachersee haben inzwischen begonnen, sagt Benjamin Emmenegger. «Wir haben erste Bedürfnisse der möglichen Fusionspartner abgeholt.» Es seien aber noch viele Abklärungen und politische Entscheidungsprozesse ausstehend. Eine Arbeitsgruppe arbeite nun Vorschläge für die Gemeinderäte aus. Was klar ist: «Es wird keinen Schnellschuss geben», sagt Emmenegger. Der Kanton habe ihnen bis im Sommer 2022 Zeit für die Fusion gegeben, und diese Zeit wolle man auch nutzen. «Wir werden Schritt für Schritt klären, welche Auswirkungen der Zusammenschluss hat und wie es möglich ist, dass sich die einzelnen Standorte weiterhin dezentral weiterentwickeln können.»
Neben Hildisrieden und Rain ist auch Nottwil in den Fusionsprozess integriert. Die Anzahl Fachbelegungen liegt dort bei etwa 275. «Es sind noch keine Entscheide gefällt worden. Wir stehen erst im Prüfprozess», sagt Benjamin Emmenegger. Ein Alleingang einer Musikschule, die aufgrund zu tiefer Fachbelegungen keine Kantonsbeiträge mehr erhält, wäre übrigens eine kostspielige Angelegenheit und dürfte es politisch schwer haben. Benjamin Emmenegger: ««Die genauen Konsequenzen bei weniger als 500 Fachbelegungen kenne ich nicht. Wahrscheinlich würde man hier über die Kantonsbeiträge regulieren, was finanzielle Folgen hätte». Er gibt sich überzeugt, dass eine regionale Zusammenarbeit viele Potenziale berge.
Benjamin Emmenegger blickt dem Zusammenschluss optimistisch entgegen: «Dank viel Fusionserfahrung, genügend Zeit und einer sehr aktiven internen Kommunikation sind wir guter Dinge, die Risiken und Chancen richtig zu übersetzen.» Ein grosses Anliegen aller Beteiligten ist es, dass der Grossteil des Musikschulunterrichts trotz Fusion weiterhin vor Ort in den Gemeinden stattfinden kann. Emmenegger: «Möglichst wenige Lernende sollen Gemeindegrenzen überschreiten, um den Unterricht zu besuchen. Das würde den Anreiz senken, ein Instrument zu erlernen.»
Das sieht Judith Rast Zeier genauso. «Durch eine Fusion würde sich das Gesicht der Schule sicher verändern», sagt die Querflötenlehrerin. Ihr Anliegen: Die Nähe zum Dorf beibehalten. Und bis es so weit ist, unterrichtet die Musikschule in Hildisrieden trotz Corona so normal wie möglich. Rast Zeier hofft, dass der Musikschulunterricht auch in den nächsten Monaten vor Ort stattfinden kann. «Das Instrument kann dem Kind in so einer unbeständigen Zeit viel geben.»
Was Musikschülerin Aline besonders vermisst? Die Konzerte und das gemeinsame Musizieren mit ihren Freunden. «Es macht Spass, zusammen zu spielen und den anderen zuzuhören.» Wenn es so weit ist, können sich die Musikschüler bei gemeinsamen Auftritten vor Publikum wieder den Lohn für das fleissige Üben abholen.
Die Musikschule Triengen verzeichnet gegenwärtig rund 320 Fachbelegungen. Wie Musikschulleiter Rolf Stirnemann erklärt, prüfe die Musikschulkommission der Gemeinde im Moment die verschiedenen Möglichkeiten einer Fusion.
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