Gleich zwei Mal führte der Kinoclub Sursee am vergangenen Samstag, 19. Juni, den Film «Spagat» des Neuenkircher Regisseurs Christian Johannes Koch vor. Die beiden Vorführungen waren gut besucht, handelte es sich dabei doch um eine einzigartige Gelegenheit – nämlich den Film zu sehen, bevor dieser ab 24. Juni in den deutschschweizer Kinos anläuft. Regisseur Christian Johannes Koch und Schauspielerin Masha Demiri, welche die junge Kunstturnerin Ulyana spielt, waren persönlich vor Ort.
Der Film handelt von Artem und seiner Tochter Ulyana, die vor ein paar Jahren von der Ukraine in die Schweiz gezogen sind und sich hier ein Leben aufgebaut haben. Was den Alltag der Familie immer wieder auf eine harte Probe stellt: die fehlende Aufenthaltsbewilligung. Artem (gespielt von Alexey Serebryakov) ist daher bemüht, ein so unauffälliges Leben wie möglich zu führen. Für seine Tochter keine einfache Aufgabe, denn diese ist eine aufblühende Kunstturnerin mit grossem Potential.
Parallel zur Familie Kordakova erhält der Zuschauer Einblick in das Leben der Familie Lang. Einer eher traditionellen, gut situierten Schweizer Familie. Mutter Marina Lang (Rachel Braunschweig) ist auf mehr als nur eine Weise mit der Familie Kordakova verbandelt. Einerseits ist sie Ulyanas Klassenlehrerin, andererseits erfährt man bereits in den ersten Minuten des Films, dass sie eine Affäre mit deren Vater Artem hat. Mehr zur Handlung des Films sei an dieser Stelle nicht verraten – nur, dass ein paar gestohlene Kopfhörer das Leben beider Familien auf den Kopf zu stellen vermag.Â
Der Wunsch von Regisseur Christian Johannes Koch war es, einige Szenen in vertrauter Umgebung zu drehen. So sind Sursees Schulräumlichkeiten hie und da in kurzen Sequenzen zu erkennen. Eine Surseer Altstadt, ein Martignyplatz oder sonstige unverkennbare Surseer Plätze kommen aber nicht vor. In der anschliessenden Fragerunde erklärte der Regisseur, dass er solche bewusst weggelassen hätte. Auch die anderen Schweizer Gemeinden, in denen gedreht wurde, bekommen nur wenig Aufmerksamkeit. Man habe den Fokus vor allem auf die Gesichter und Figuren legen wollen, erklärte Koch.
FĂĽr das Thema «Sans-Papiers» interessierte sich Koch bereits seit längerem, erzählte er nach dem Film. Besonders speziell dabei fand er, dass die Kinder von «Sans-Papiers» in der Schweiz die Pflicht hätten, in die Schule zu gehen, aber eigentlich gar nicht hier sein dĂĽrften. «Das ist ein paradox per se», findet der Regisseur. In der Schweiz gebe es sehr viele soziale Ungleichheiten, die aber auf den ersten Blick nicht sichtbar seien. Eine Geschichte wie die der jungen Ulyana könnte sich hier irgendwo in der Schweiz genauso abspielen. Mit dem Film wolle er zum Nachdenken anregen und die Frage in den Raum werfen, wie man sich in der Schweiz eigentlich ein Zusammenleben vorstellt.Â
Zu guter letzt erzählte Koch, warum der Film nicht mehr wie ursprĂĽnglich geplant «The Lines of my Hand» hiess, sondern «Spagat». Der neue Titel nehme einerseits Bezug auf die Kunstturnerin Ulyana und andererseits auf einen Akt im Leben, den alle Menschen immer wieder, manchmal mehr oder weniger schmerzhaft, erlebten.Â
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