Um punkt neun Uhr trudelten am Dienstag, dem 3. August, rund 15 junge Feriengäste beim Bauernhof Düderhof in Neudorf ein. Die Betreuerinnen und Betreuer erwarteten die Kinder schon, und nachdem diese am zweiten Lagertag bereits miteinander und mit dem Gelände bekannt waren, scheuten die meisten kaum davor zurück, die Transportbusse schnell zu verlassen. Nach vielen Umarmungen zur Begrüssung starteten alle mit einem Morgensong, der von Rasselklängen musikalisch unterstützt wurde, gemeinsam in den Tag. Es herrschte eine heitere Stimmung.
Die jungen Feriengäste auf dem Düderhof sind Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren und von unterschiedlich schweren Behinderungen betroffen. Dazu gehören körperliche und geistige Behinderungen sowie Entwicklungsrückstände, Wahrnehmungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Der Verein Heilpädagogische Entlastungsangebote Vogelsang (HEV) unterstützt die Anliegen und Bedürfnisse dieser Kinder. «Der Alltag zu Hause mit einem Kind mit Behinderung ist sehr intensiv. Mit den Natur-Sommertagen wollen wir betroffenen Eltern während einer Woche lang eine Verschnaufpause bieten», sagt Rita Konrad, Vorstandsmitglied vom HEV. «Ausserdem soll das Angebot den Eltern ermöglichen, die Aufmerksamkeit vermehrt auf die Geschwister der Kinder, die oft als sogenannte Schattenkinder bezeichnet werden können, zu richten.» Dieses einmalige Angebot besteht für beeinträchtigte Kinder aus dem ganzen Kanton Luzern.
Während den Natur-Sommertagen profitierten die Teilnehmenden eine Woche lang von einer eins zu eins-Betreuung. So konnte sich jedes Kind nach dem Morgensong individuell und nach Lust und Laune auf dem Düderhof austoben. Und dafür gab es genügend Möglichkeiten: In der Scheune haben die Betreuerinnen und Betreuer eine Bastel- und Leseecke geschaffen, es gab ein Trampolin, die Kinder konnten beim Malen kreativ werden, Federball oder Frisbee spielen und Trettraktor fahren. Während sich der Junge AL mit Autismus stundenlang mit Puzzeln beschäftigen konnte, verbrachte sein Bruder AJ viel Zeit mit seiner Lagerfreundin M im Stall und fütterte die Kühe.
Hannes Schicker, der dem Verein HEV seinen Hof zur Verfügung stellt, sagt: «Auf dem Hof ist alles so gesichert, dass Lehrlinge ausgebildet werden könnten. Es bestehen keinerlei Gefahrenquellen für die Kinder.» Auch ein grosser Teil der Tiere auf dem Hof ist handzahm: Da gibt es den Hofhund Barolo sowie Kühe, Schweine, Hühner und Schafe. Mit letzteren mache Schicker jeweils einmal pro Woche einen Spaziergang übers Gelände «um die Kinder mit zusätzlicher Action zu erfreuen». Seit 22 Jahren bietet der pensionierte Sozialpädagoge seinen Hof Heilpädagogischen Schulen und Vereinen unentgeltlich an. «Ich mag es, wenn hier was los ist. Statt finanziell unterstütze ich gerne infrastrukturell.»
Die Betreuerinnen und Betreuer der Kinder sind Jugendliche, die ihre Funktion aus unterschiedlichen Gründen wahrnahmen. Gregory und drei weitere Männer leisteten zivildienstlichen Einsatz. «Mir gefällt es, auf L aufzupassen. Ich kenne diese Arbeit sonst nur institutionell, aber so ist es viel lockerer und man lernt die Kinder nochmals anders kennen.» Mit L verständigte er sich über ein Programm auf dem Ipad, da L von Autismus betroffen ist und nur selten spricht.
Einige Betreuende nutzten die Zeit auf dem Düderhof als Vorbereitung für ein Studium im sozialen Bereich, andere wiederum als Ferienjob. «Ich habe sechs Wochen Sommerferien und wollte etwas Sinnvolles für die Gesellschaft tun», meint Vera, die sich um die Geschwister J und E mit körperlicher Behinderung kümmerte. Vera ist ausgelernte Heilpädagogin. Der Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit einer körperlichen Behinderung ist ihr vertraut. «J und E müssen mehrmals täglich gewickelt und über eine Sonde mit Flüssignahrung versorgt werden.» Während der fünf Tage auf dem Hof hatten Teilnehmende und Betreuende Zeit, sich kennenzulernen, und so sind ungewöhnliche Freundschaften entstanden.
«Ein Programm, das für alle Behinderungsgrade geeignet ist, ist schwer zu planen», sagt Rita Konrad. Deswegen konnten die Kinder über den grössten Teil der Zeit selber verfügen. «Heute dürfen wir jedoch eine Kutschenfahrt geniessen, die uns vom Verein Sternschnuppe gesponsert wurde.» Da der Verein über keine öffentliche Gelder verfügt, ist es ihm nicht möglich, solche Angebote zusätzlich zu finanzieren. Nach dem Mittagessen – es gab Salat, angeleitet und zubereitet von der Küchenchefin Gerda, mit zwei Kochassistenten der Stiftung Brändi, sowie Lasagne, die geliefert worden war – ging es mit der Kutschenfahrt los. Als der Kutscher die Kinder und Rita Konrad fragte, ob er eine Zusatzrunde anhängen soll, ertönte ein lautstarkes «Ja», und so zogen die Pferde den Wagen eine Stunde lang durch Neudorf. Während der Kutschenfahrt machte es den Kindern grossen Spass, den Betreuenden die Schuhbändel zu öffnen und nach und nach wieder zuzubinden.
Wieder zurück, war es schon bald Zeit fürs Zvieri. Auf den von den Kochassistenten selbst zubereiteten Früchtepudding waren Patec und Jan von der Stiftung Brändi besonders stolz. Den ganzen Tag über wurde viel gelacht, und um 17 Uhr holten die Busse die Kinder vom Düderhof, glücklich und zufrieden, wieder ab und brachten sie zum Übernachten nach Hause.
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