Freitagnachmittag in Neuenkirch. Im Saal des Restaurants Sonne haben sich kurz vor Steigerungsbeginn 27 Personen eingefunden. Einige flüstern miteinander, andere studieren Dokumente oder warten stillschweigend mit verschränkten Armen auf den Beginn der Versteigerung. Am einen Ende der zwei Tischreihen sitzen an einem Tisch die Leiterin des regionalen Betreibungsamts Oberer Sempachersee, Franziska Zurfluh, und Protokollführerin Ursula Stocker.
Pünktlich um 15 Uhr macht Franziska Zurfluh als erstes Angaben zum Objekt, einem teilunterkellerten Wohnhaus mit drei Wohnungen. Sie erklärt, dass das Objekt gemäss eines Gutachtens diverses Mängel aufweise. Die Fläche des mitten im Dorf gelegenen Grundstücks betrage 592 Quadratmeter. Betreibungsamtliche Schätzung der Liegenschaft: 1’037’000 Franken.
Danach erläutert Franziska Zurfluh kurz den Ablauf der Steigerung sowie die wesentlichen Steigerungsbedingungen. So weist sie unter anderem darauf hin, dass die Anwesenden den Saal erst verlassen dürfen, wenn der Erwerber sich ausgewiesen und die Anzahlung in der Höhe von 56’000 Franken geleistet habe.
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Von 27 Personen boten deren vier
«Das Mindestangebot beträgt 2047 Franken. Wer bietet mehr?», fragt Franziska Zurfluh die Anwesenden. 2047 Franken? Mitbieter A steigt mit 1’150’000 Franken ein. Mitbieter B geht auf 1’160’000 Franken. Beide überbieten sich jeweils um 10’000 Franken bis bei 1’190’000 Franken, geboten von Mitbieter A, ein dritter einsteigt und auf 1,2 Millionen Franken erhöht. Die Leiterin des Betreibungsamtes wiederholt: «Eine Million, zweihunderttausend Franken zum ersten, eine Million, zweihunderttausend Franken zum zweiten ...» Bevor sie den Satz zum dritten Mal wiederholt kommt ein vierter Mitbieter ins Spiel. Dieser geht auf 1’220’000 Franken. Franziska Zurfluh wiederholt den Betrag dreimal. Die anderen Mitbieter bleiben stumm. Der Hammer fällt. Nach 13 Minuten ist das Grundstück mit Wohnhaus versteigert.
Der Erwerber, ein Mann um die 40, begibt sich zum Tisch der Betreibungsbeamtin, um sich auszuweisen. Mit den Händen in den Hosentaschen schaut er durch den Raum. Seine ernste Miene ist einem zufriedenen Lächeln gewichen. Als seine Personalien bestätigt sind, leistet er die geforderte Anzahlung in der Höhe von 56’000 Franken – in bar. Es vergehen Minuten, bis sämtliche Notenbündel durchgezählt sind.
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Luzerner Banken zurĂĽckhaltender
Weshalb die Bank die Liegenschaft zur Versteigerung brachte, wisse sie nicht, sagt Franziska Zurfluh auf Anfrage. «In der Regel geschieht dies, wenn seitens der Schuldnerschaft die Zinsen nicht bezahlt oder bestimmte Vereinbarungen nicht eingehalten werden.» Dass sich eine Bank zu diesem Schritt entscheide, komme im Kanton Luzern eher selten vor, so ihr Eindruck, den sie nicht zuletzt aus der Berichterstattung von bedeutend amtsälteren Kollegen gewonnen habe. «Entweder sind die Luzerner Banken zurückhaltender oder die Leute bezahlen die Zinsen pflichtbewusster.»
Mit den aus der Versteigerung erzielten 1’220’000 Franken seien die gemäss Lastschriftenverzeichnis geforderten 1,44 Millionen Franken von der Schuldnerschaft nicht vollständig gedeckt, weshalb nun ein Pfandausfallschein ausgestellt werde, erklärt Franziska Zurfluh das weitere Vorgehen. Und auch der Erwerber der Liegenschaft stehe nun in der Pflicht: «Sollte die Restzahlung ausbleiben, käme es erneut zu einer Steigerung, und die anfallenden Kosten wĂĽrden mit der geleisteten Anzahlung gedeckt.»Â
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