Mit einem Weltrekord und fünf Siegen von Catherine Debrunner (Geuensee), einem Europarekord und einem Sieg von Manuela Schär (Kriens) und fünf Siegen von Marcel Hug (Nottwil) sowie weiteren Podestplätzen beweisen die Schweizer Athletinnen und Athleten an den ParAthletics 2024 in Nottwil, dass sie zur Weltspitze gehören. Sie sind bereit für die Paralympics im Spätsommer in Paris.
Während vier Tagen lieferten sich 350 Para-Athletinnen und -Athleten aus aller Welt in Nottwil spannende Wettkämpfe. Am letzten Tag, dem Sonntag, 9. Juni, wurden nochmals alle Distanzen auf der Bahn gefahren, sodass die Chance auf Revanche bestand. Es gab erneut etliche Schweizer Topplätze, weshalb die Schweizer Para-Leichtathletik-Stars eine sehr positive Bilanz ziehen können.
Am Samstag hatte Catherine Debrunner ihren eigenen Weltrekord über 1500 Meter in der Klasse T54/53 verbessert. Bei der Revanche am Sonntag lag das Tempo deutlich tiefer. Den Sieg sicherte sich die Amerikanerin Susannah Scaroni vor Catherine Debrunner, die sich auf der letzten Runde aus der Umklammerung befreien und über die längere dritte Bahn an die Spitze herankämpfen musste. Hervorragende Dritte wurde Manuela Schär.
Auf der 100-Meter-Distanz gewann Catherine Debrunner überlegen vor der Britin Samantha Kinghorn. Über 5000 Meter kam es zu einem Start-Ziel-Sieg. Sie meint dazu: «Ich hatte nichts zu verlieren und trainiere oft unter vergleichbaren Bedingungen in den Niederlanden. Es war spannend zu sehen, welche Zeit ich schaffe, wenn ich allein fahre. Es ist super, dass es zu einer neuen persönlichen Bestzeit reichte.» Manuela Schär hatte auf dieses Rennen verzichtet.
Am Sonntag verbesserte Manuela Schär erneut den Schweizer Rekord über 400 Meter in der Klasse T54. Sie wurde Dritte in einem schnellen Rennen, in dem die Belgierin Lea Bayekula einen neuen Weltrekord aufstellte. Über 800 Meter, ihrem letzten von insgesamt sieben Wettkämpfen an den ParAthletics, holte sie nochmals einen guten zweiten Platz hinter der Amerikanerin Susannah Scaroni.
Die ParAthletics 2024 brachten Catherine Debrunner fünf Siege und zwei zweite Plätze. Im Moment ist sie wohl die weltweit schnellste Para-Leichtathletin und hält aktuell den Weltrekord über alle Distanzen ausser über 5000 Meter. Sie blickt mit einem Strahlen auf die letzten vier Wettkampftage zurück: «Ich bin sehr, sehr zufrieden mit den Resultaten. So viele Wettkämpfe zu bestreiten, war eine gute Übung vor den Paralympischen Spielen. Dort möchte ich über möglichst viele Distanzen starten, das wird also eine ähnlich intensive Zeit werden. Ich konnte hier viel ausprobieren. Das Meiste hat sich bewährt.» Catherine Debrunner stehen nun ein intensiver Trainingsblock sowie der Grand Prix in Paris im Juni bevor. Danach geht es an die Paralympics. Die Ziele dafür formuliert sie hoffnungsvoll: «Ich werde an den Paralympics versuchen, vorne mitzumischen und spannende Rennen zu zeigen. Aber die Konkurrenz ist gross und wird sich auch perfekt vorbereiten. Wir werden sehen.»
Die Bilanz der Krienserin am vorletzten Bahnwettkampf ihrer beeindruckenden Karriere lässt sich sehen: ein neuer Europarekord im Rennen über 5000 Meter in der Klasse T53/54 und zwei neue Schweizer Rekorde über 400 Meter. Wenn man die Platzierungen betrachtet, heisst das einen Sieg über 800 Meter, drei zweite Plätze und drei dritte Plätze. Bei jedem ihrer Rennen fuhr sie also unter die besten Drei. Das lässt die bereits hohen Erwartungen an die Krienserin weiter steigen.
Sie formuliert ihre Ziele für Paris 2024 zurückhaltend: «Eine Paralympicsmedaille zum Ende meiner Bahnkarriere wäre schön und ist natürlich das Ziel. Ich werde in den nächsten Wochen noch an diversen Schrauben drehen und zwei intensive Trainingsblöcke absolvieren.» Aber in ihrer Klasse sei das Leistungsniveau extrem ausgeglichen und sehr hoch. Das mache bei Wettkämpfen extrem Spass, wie nun auch in Nottwil an den ParAthletics, so Schär. «Es waren tolle Tage und ich bin sehr zufrieden mit meinen Ergebnissen.» In Paris wird vermutlich das gleiche Feld am Start sein wie in Nottwil und die gleichen Athletinnen werden die Podestplätze unter sich ausmachen.
Wie beim Rennen über 1500 Meter der Klasse T53/54 am Samstag, sahen die Zuschauerinnen und Zuschauer auch am Sonntag ein taktisches Rennen über die gleiche Distanz. Marcel Hug versuchte mit einem schnellen Start Tempo zu machen und animierte den Briten Daniel Sidbury, die Führungsarbeit zu teilen. Dies führte dazu, dass der Nottwiler in der vorletzten Kurve auf der längeren dritten Bahn attackieren musste, um zu siegen, was ihn aber nicht aus der Ruhe brachte: «Das war zwar definitiv nicht eine ideale Ausgangslage, aber es ist gut, dass ich zu dieser Variante gezwungen wurde. So etwas kann an den Paralympics auch geschehen. Ich erachte das als ideale Vorbereitung.» Daher spielt es auch eine untergeordnete Rolle, dass die Serie vorher ein schnelleres Rennen fuhr und Marcel Hug den siebten Platz belegte.
Am Sonntag standen zwei weitere Rennen an. Über 5000 Meter gab es ein Katz-und-Maus-Spiel. Niemand wollte Tempo machen, Marcel Hug liess sich immer mal wieder weit nach hinten fallen, damit andere in den Lead mussten, und kämpfte sich dann wieder nach vorne. Irgendwann schien er genug zu haben und setzte sich vom Feld ab. Er siegte mit einem riesigen Vorsprung. Einen weiteren Sieg holte er über 800 Meter. Marcel Hugs Gesamtbilanz der letzten vier Tage ist ausserordentlich. Mit fünf Siegen, einem dritten und dem siebten Platz im taktischen Rennen über 1500 Meter gehört er wie immer zu den Besten.
Den letzten Wettkampf vor Paris nutzte er für Experimente: «Neben neuen Handschuhen aus dem 3D-Drucker habe ich auch taktische Varianten ausprobiert, um in den kommenden Wochen daran weiterzuarbeiten. Mit den Leistungen an den ParAthletics bin ich durchwegs zufrieden. Es war fantastisch vor Heimpublikum starten zu können.» Nun steht auch ihm eine intensive Trainingszeit bevor, damit er seine Ziele in Paris erreichen kann: «An den Paralympics werden Konkurrenten aus Thailand und China dabei sein, die hier fehlten. Das wird nochmals spannend. Ich erhoffe mir mindestens eine Goldmedaille. Wenn es mehr wird – dann umso schöner.»
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