Die Schule Neuenkirch verfolgt seit Jahren einen stark integrativen Ansatz in ihrem Unterrichtsbetrieb. Es gibt mehrere Kinder und Jugendliche mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen wie auch Auffälligkeiten im Verhalten oder mit sprachlichen Schwächen, die in normalen Klassen ein- und ausgehen. Loris Sager und Colin Sauter haben Trisomie 21. Seit rund einem Monat besuchen sie den Unterricht der 1. Sekundarstufe im Schulhaus Sonneweid. Viele ihrer Schulkameraden kennen sie seit Langem, haben sie mit ihnen doch schon die Schulbank in der Primarschule gedrückt oder sind gar mit ihnen in den Kindergarten gegangen. Ein grosser Vorteil, findet Rektor und Schulleiter Lucien Kraft. «Wir haben uns bereits vor einem Jahr dafür entschieden, die beiden Kinder in ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu belassen.» Damit sei man auch dem Wunsch der Eltern entgegengekommen. Dass Loris Sager und Colin Sauter in eine Niveau-A-Klasse gekommen sind – dort sind die Schülerinnen und Schüler, an die höhere Anforderungen gerichtet werden können –, war der logische Entscheid. Der Hintergedanke: Die stärkeren Schüler sind tendenziell weniger mit sich selber beschäftigt und haben dadurch auch eher Kapazitäten, mit der gewonnen Perspektive dazuzulernen. «So wird die Integration eine Chance für alle.»
Unterricht individuell abgestimmt
Es habe schon Fragen seitens der Eltern gegeben, räumt Lucien Kraft ein. Beeinträchtigen die beiden Schüler mit ihren Einschränkungen die Leistungen anderer? Wie muss ein Unterricht aussehen, dass sie sich wohlfühlen? Die Schulleiterin für die Integrative Förderung/Sonderschule, Rahel Indermaur, erklärt: «Für Colin Sauter und Loris Sager ist ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittener Unterricht ausgearbeitet worden, der aber stark auf den Regelklassenstoff abgestimmt worden ist.» Eine komplexe Aufgabe, gesteht sie ein, bei der man sich auch stark mit der langjährigen zuständigen Heilpädagogin Otilia Ineichen und der ebenfalls langjährigen Klassenassistentin Ela Strothe sowie allen involvierten Lehrpersonen abgesprochen habe. Zudem finde ein steter Austausch mit der Heilpädagogischen Schule Sursee und dem Fachdienst Integrative Sonderschulung FDI in Luzern statt. «Dank einer sorgfältigen Information und Kommunikation mit allen Beteiligten, insbesondere der Eltern, ist es gelungen, allfällige Befürchtungen auszuräumen.» Und Lucien Kraft ergänzt, dass die Unterrichtserfahrungen der ersten vier Wochen gut ausgefallen seien.
Schulung der Selbstkompetenzen
Mit ihren Einschränkungen können Loris Sager und Colin Sauter den Schulstoff nicht auf die gleiche Art und Weise lernen wie ihre Gspänli. Doch das bringe den regulären Unterricht nicht aus dem Gleichgewicht, berichtet Rahel Indermaur. «Der heutige Schulunterricht findet vielfach differenziert und in offenem Rahmen statt. Kinder arbeiten in Gruppen, oftmals auch an verschiedenen Orten.» Da fügten sich Loris Sager und Colin Sauter in einer Selbstverständlichkeit ein, wenn sie an ihren auf ihre Fähigkeiten abgestimmten Arbeiten seien, erzählt Indermaur. Ohnehin stehe das Soziale, die Schulung der Selbstkompetenzen und des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten im Zentrum, betonen die Schulleiterin und auch Rektor Lucien Kraft. «Wir wollen erreichen, dass auch Kinder mit Einschränkungen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und nicht separiert werden», sagt Rahel Indermaur. Es sei für alle Schüler wichtig zu erleben, dass jeder Mensch anders und einzigartig sei. Und Lucien Kraft ergänzt: «Durch die Integration von Loris Sager und Colin Sauter bekommen auch die stärkeren Schüler eine andere Optik aufs Leben und werden in ihren sozialen Qualitäten gestärkt.»
Wichtige Rolle der Heilpädagogin
Die beiden Klassenlehrerinnen von Colin Sauter und Loris Sager sind Leonita Oroshi und Jacqueline Bättig. Eine wichtige Rolle in der Integration der beiden Schüler nehmen zudem die Heilpädagogin Otilia Ineichen und die Klassenassistentin Ela Strothe ein. Ineichen ist für die angemessene soziale Integration der Lernenden mit dem Downsyndrom besorgt und passt die Materialien und Lehrmittel für den differenzierten Unterricht entsprechend an. Sie vermittelt Kompetenzen mit dem Ziel, dass sich Colin Sauter und Loris Sager im Leben möglichst selbstständig und selbstbestimmt zurechtfinden. Für die beiden wird der Unterricht stark vereinfacht und praxisbezogen vermittelt. Auch werden oftmals visualisierende Elemente angewendet. «Während der Mathematikstunde gehen die Jungs beispielsweise einkaufen, um den Umgang mit Geld zu lernen», erzählt Jacqueline Bättig. «Am nächsten Tag kochen sie dann ein Menü oder kleine Rezepte nach.»
Guter Kitt in der Klasse
Dennoch seien Colin und Loris Schüler wie alle anderen auch, betonen die Lehrerinnen unisono. «Ich nehme eine akzeptierende und respektierende Haltung in der Klasse wahr», lobt Leonita Oroshi. Es sei diese Grundhaltung, welche die Lehrerschaft in einem integrativen Unterricht ja auch vermittle, fügt Jacqueline Bättig an. «Die Gspänli sind hilfsbereit und absolut korrekt zueinander.» Ein solcher Unterricht sei bereichernd für alle Seiten. «Auch für mich», hält Bättig fest. «Colin und Loris bringen sehr viel Natürlichkeit und Ehrlichkeit mit.» Eigenschaften, die auch sie sehr schätze.
«Die integrative Schule ist eine Art Mikrokosmos, in dem die Jugendlichen gesellschaftliche Normen und soziales Handeln einĂĽben», ergänzt die Heilpädagogin Otilia Ineichen. Das in der Schule Gelernte trĂĽgen sie in die Gesellschaft von morgen hiÂnaus. «So kann sich etwas in der Gesellschaft verändern», ist Ineichen ĂĽberzeugt.
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