Wir treffen Jonas Erni zu Hause. Hier war seit dem Corona-Lockdown Mitte März der Schaffensplatz des 46-Jährigen, der mit seiner Frau und den zwei Söhnen etwas ausserhalb des Dorfes Neuenkirch mit Aussicht ins Grüne lebt. Normalerweise geht er als hauptberuflicher Stimmführer der 2. Violine im Luzerner Sinfonieorchester wöchentlich maximal zwölf Einsätzen nach. Meist finden die Proben vormittags und abends in Luzern statt. Dazu kommen Konzerte hauptsächlich im Kultur- und Kongresszentrum Luzern oder im Luzerner Theater. Das rund 60-köpfige Luzerner Sinfonieorchester absolviert regelmässig aber auch Gastspiele und trat schon in über 25 Ländern auf der Welt auf. Nebst seiner Anstellung beim Luzerner Sinfonieorchester ist Jonas Erni auch in verschiedenen Projekten tätig. Der Alltag nebst Familie, privaten Terminen, dem Üben und Konzertieren benötigt viel Planung und Organisation.
Es begann schon im Kindesalter
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden Lockdown Mitte März ist bei Jonas Erni alles anders. Alle Konzerte wurden abgesagt und die Proben waren ebenfalls nicht mehr möglich. «Es war eine völlig neue, auch verunsichernde Ausgangslage», erzählt Jonas Erni. Weil nicht klar war, wie lange diese einschneidenden Veränderungen andauern würden, seien auch existenzielle Fragen aufgekommen.
Doch die Ungewissheit nährte den alten Wunsch, einmal mit einem eigenen Programm aufzutreten. «Schon als Kind habe ich vereinzelt selber Stücke geschrieben, zuerst für Geige und Klavier, damit ich es mit meinem Bruder vortragen konnte.» Später komponierte Jonas Erni auch für ein ganzes Orchester. In einem solchen hatte er mit seiner Schwester gespielt. «Die Musik hatte immer einen grossen Platz in unserer Familie und ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre ich heute nie Berufsmusiker – ein Beruf, den ich mit grosser Dankbarkeit ausübe», erzählt Erni. Nun packte er die Chance erneut, dank der zusätzlichen Zeit umfassend zu komponieren. Der Musikraum im Haus der Familie Erni war so stark frequentiert wie noch nie.
In die Welt der Musik abtauchen
Wenn er Konzerte gebe, dann erlebe er immer wieder Momente, in denen er zusammen mit den anderen Mitgliedern des Orchesters völlig mit der Musik und in einem einheitlichen Klangkörper aufgehe. Jonas Erni bezeichnet diesen Zustand, in dem die Musik die Interpreten selber und das Publikum tief zu berühren vermag, als «Flow». In eine solche Stimmung gelte es auch beim Komponieren zu gelangen, erläutert Jonas Erni. Nur so könnten die musikalischen Einfälle spriessen, nur auf diese Weise könne er die Emotionen über sein Werk zu den Zuhörerinnen und Zuhörern transportieren. «Wir Musiker möchten das Publikum mit unserem Können beschenken, wir möchten sie einzigartige und erfüllende Emotionen spüren lassen.»
Kontinuität und Disziplin
Damit Jonas Erni bereit zum Komponieren ist, muss er erst einmal «in sich hineingehen», wie er sagt. So kann es gut sein, dass er seinen Tag mit einer Meditation beginnt. Und es gelte, ständig gewissenhaft dran zu bleiben. «Komme ich aber mehrere Tage nicht dazu, an meiner Musik weiterzuarbeiten, muss ich mich erst wieder emotional und gedanklich an dem Ort finden, an dem ich aufgehört habe», sagt der Violinist. Erst dann könne der kreative Prozess wirklich funktionieren. Durch das tägliche Komponieren und die dazu notwendige Selbstdisziplin konnte Erni seinem Tun Kontinuität verleihen und sich selber einen strukturierten Tagesablauf geben. Das sei in dieser Coronazeit ein willkommener und vor allem wichtiger Nebeneffekt gewesen.
Eigenes Schaffen ohne Druck
Und noch immer bleiben Fragezeichen nach der weiteren Zukunft des Berufsmusikers. «Momentan lebt man von heute auf morgen», sagt Jonas Erni. Klar ist, dass das Luzerner Sinfonieorchester seine Hauptbeschäftigung bleiben wird. Der Neuenkircher will aber auch weiter mit einem eigenen Programm auftreten, dieses gedeihen lassen und weitere Kompositionen schaffen. Er wolle sich aber nicht unter Druck setzen. Natürlich gehörten auch immer gewisse Zweifel dazu. «Doch vielmehr braucht es Vertrauen, dass die Ideen fliessen werden.»
Jetzt bestreitet er erst einmal noch den Endspurt zu seinem ersten von drei Konzerten mit den eigenen drei Werken, die er im Wechsel mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach aufführen wird (siehe Kasten). Die Konzertlokale sind grosse, sakrale Räume mit entsprechend weitläufigem, nachhallendem Klang. «Nebst dem Verfeinern der Musik muss ich nun das optimale Tempo, die passenden Klangfarben und die spielerischen Nuancen finden, welche es in den Kirchen braucht.»
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