Soll der Bund die Medien in der Schweiz zusätzlich fördern? Über diese Frage entscheidet die Stimmbevölkerung in der Abstimmung vom 13. Februar. Ein überparteiliches Komitee hat sich seine Meinung dazu bereits gemacht. Es setzt sich für ein Ja ein. Wieso und mit welchen Argumenten? Das erklärten sechs Mitglieder des Kernkomitees am Mittwoch an einer Medienkonferenz im Hotel Waldstätterhof in Luzern. Dem Komitee «Ja zur Medienvielfalt, Ja zur Demokratie» gehören neben den Verlegerinnen und Verlegern der lokalen Landzeitungen auch Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger sowie fünf Nationalrätinnen und Nationalräte an.
Regionalzeitungen böten eine Plattform und eine Stimme für das Gewerbe, die lokale Politik, für Vereine, Kultur und Sport, sagte Edi Lindegger, Geschäftsführer der SWS Medien AG, die den «Willisauer Bote» und den «Seetaler Bote» herausgibt. Ohne diese lokalen und regionalen Medien seien die demokratischen Prozesse in den Gemeinden und Kantonen gefährdet. «Die Luzerner Landzeitungen sind der Dorfplatz für die direkte Demokratie. Es ist der Ort, an dem Meinungen aufeinandertreffen und aufeinanderprallen», sagte der Ettiswiler. Der Trend gehe heute in Richtung Online-Medien.
Die Krux dabei: Mit der Verlagerung ins Digitale lässt sich heute in den Gemeinden und Regionen «noch» kein Geld verdienen. Die grosse Herausforderung der Luzerner Landzeitungen werde es sein, die Transformation im Online-Bereich in den nächsten Jahren zu schaffen. «Genau hier setzt das Medienpaket an», sagte Lindegger. Scheitert die Vorlage, würden weitere Zeitungen sterben und die Medienvielfalt darunter leiden. Die Folgen: Einheitsbrei, höhere Abo-Preise, tiefere journalistische Leistungen. «Wird das Medienpaket angenommen, können wir die zur Verfügung stehenden Mittel in die Transformation der digitalen Kanäle und in unsere journalistischen Leistungen einbringen, so der Geschäftsführer.
Bundesrat und Parlament wollen mit dem Medienpaket die Medienhäuser mit bis zu 151 Millionen Franken unterstützen. Ein Teil der Unterstützung betrifft die Aus- und Weiterbildung der Journalistinnen und Journalisten. Diese Gelder seien wichtig für den Nachwuchs, sagte Sonja Döbeli Stirnimann, Vizepräsidentin der Schweizer Journalistenschule MAZ. «Die Jungen sind das Fundament, auf dem die politische Qualität in Zukunft steht», sagte sie. Dass diese Gelder gezielt in gute und verlagsunabhängige Insitutionen fliessen, garantiere unabhängigen Journalismus. Unabhängige Medien, so Döbeli, die für die FDP im Grossstadtrat politisiert, seien «systemrelevant» und für die Demokratie «essenziell».
Auch das MAZ spüre die Medienkrise – aus mehreren Gründen, sagte Döbeli. Durch die Medienkonzentration benötige es weniger Journalistinnen und Journalisten, ergo müssten weniger ausgebildet werden. Und: Die Attraktivität des Journalistenberufs sinke. Zudem würden Konzerne oder öffentliche Verwaltungen ihre Kommunikationsabteilungen aufrüsten und gute Talente abwerben. «Unabhängige und kritische Berichterstattung gerät dabei immer mehr unter Druck», so die MAZ-Vizepräsidentin.
«Wir dürfen Medien nicht dem privaten Kapital, reichen Financiers und Hedgefonds überlassen und müssen einen Ausgleich zum wachsenden Einfluss der Tech-Giganten wie Google oder Facebook schaffen», sagte SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo. Seit nunmehr 170 Jahren gebe es in der Schweiz die Presseförderung. So ist die Zeitungszustellung staatlich vergünstigt. «Die Medien sind dabei nicht staatshörig geworden», sagte die Luzernerin. Jeder mittelgrosse Inserent und reiche Financier könne da ganz anderen Druck aufsetzen. Das nun vorliegende Medienpaket sei zeitgemäss und fördere erstmals auch Online-Medien, so die Politikerin. «Es stärkt junge und innovative Online-Portale, die hochstehenden Journalismus betreiben und gibt traditionellen Zeitungen eine Chance für die digitale Transformation.»
Von einem «Marktversagen in der Medienlandschaft» sprach Roland Fischer, Nationalrat der Grünliberalen. Google oder Facebook würden einen immer grösseren Teil des Werbekuchens für sich generieren. «Gleichzeitig verbreiten sie jedoch journalistische Inhalte, ohne die Urheber dafür abzugelten. Insbesondere regionale Medien, die eine begrenzte Leserschaft ansprechen, seien von diesen Entwicklungen besonders stark betroffen. Deshalb sei es besonders notwendig, dass der Staat den Vertrieb von journalistischen Arbeiten stärker unterstütze. Die Vorlage, welche eine Kombination aus bewährten und neuen Förderinstrumenten beinhalte, komme indirekt rund 170 Zeitungen und Zeitschriften in allen Regionen der Schweiz zugute.
Beim Medienpaket gehe es auch um den Schutz vor Fake News, sagte Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger. Die Gegner der Vorlage würden diverse Falschbehauptungen streuen, so die Luzernerin. So sei die Behauptung, die Posttaxenverbilligung komme zur Hälfte den grossen Verlagen zugute, falsch. Die Zuteilung erfolge degressiv. Heisst: Kleine Verlage und Zeitungen erhalten proportional bedeutend mehr als die grossen. «Von den 170 geförderten Zeitungen und Zeitschriften gehören lediglich 40 Titel zu den Grossverlagen», sagte Gmür. Drei von vier seien Lokal- und Regionalzeitungen aus der ganzen Schweiz. «Von der Engadiner Post, zum Willisauer Bote, bis hin zum Frutigländer.»
Auch die Behauptung, beim Gebührensplitting profierten zu 70 Prozent die grossen Verlage, da diese konzessionierten Radio- und TV-Sender mehrheitlich zu den Grossen gehören, sei nicht korrekt. Von den insgesamt 34 Radio- und TV-Stationen gehörten lediglich vier Stationen zu den «grossen Medienunternehmen», sagte Gmür. «83 Prozent der Fördergelder fliessen zu den 30 eigenständigen Stationen, die für ihre Regionen einen wichtigen Beitrag leisten und nicht den Grossverlagen gehören.»
Michael Töngi, Nationalrat der Grünen, hat die Vorlage als Präsident der zuständigen nationalrätlichen Kommission eng begleitet und mitdiskutiert. Die Beratung sei nicht einfach gewesen, so der Krienser. Verständlich, im Medienbereich gebe es unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Probleme. Eines habe sich aber während den Debatten deutlich gezeigt. «Es sitzen alle im gleichen Boot. Der Abfluss der Werbeeinnahmen, die mässige Bereitschaft für Online-Inhalte zu bezahlen oder die Herausforderung die digitale Wende zu schaffen: Das betrifft alle Medien.» Das Medienpaket sei ein «guter Kompromiss». Es unterstütze die Medien während den nächsten sieben Jahren und gebe ihnen Zeit, die weitere Zukunft zu planen.
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