«Jubiläen sind eigentlich etwas Unnützes, ausser wir nutzen sie, um darüber nachzudenken, wer wir sind und woher wir kommen», leitete Prorektor Stefan Deeg launig-augenzwinkernd die Feier ein. Den zweiten Teil dieser Bemerkung führten die Voten illustrer Gäste am Rednerpult fort: Sie liessen die vergangenen rund 50 Jahre rund um die Kantigeschichte mit Anekdoten, Erlebnissen und baugeschichtlichen Meilensteinen wieder aufleben.
In seinem Grusswort verwies Christoph Hess als Präsident der Schulkommission auf die Ende der 1960er-Jahre an «ihre Kapazitätsgrenzen stossende Kantonsschule Luzern». Surseer Mittelschüler, wie Gymnasiasten damals bezeichnet wurden, mussten jeweils für die letzten zwei Jahre ihrer Kantilaufbahn das altehrwürdige Schulgebäude Alt St. Georg vor Ort verlassen und die Matura auswärts, in der Kantonshauptstadt, ablegen. Seit September 1972 war diese Ära Geschichte. Im von Architekt und Maler Max Wandeler konzipierten Hauptgebäude wurde der Schulbetrieb aufgenommen, womit die ganze Kantizeit in Sursee selbst abgedeckt werden konnte. 369 Schüler und Schülerinnen in 19 Klassen fühlten sich, wie ihre Lehrpersonen, «in den grosszügig ausgestatteten Räumen von einem neuen Arbeitsgefühl beflügelt», stellte der damalige Rektor Josef Schürmann im Jahresbericht 1972/73 fest. Bereits 1973 erhielten die ersten Absolventen ihre Maturazeugnisse an der Moosgasse.
Weiträumiger betrachtet könnte man 1973 geradezu als Epochenjahr bezeichnen, so viele «in unserem kollektiven Gedächtnis verankerte Ereignisse» liess Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann als Folgeredner Revue passieren. Beispielsweise telefonierte am 3. April der US-Elektroingenieur Martin Cooper mit dem ersten, von ihm entwickelten mobilen Telefon, das freilich noch «einem Mammutknochen glich». 1973 war auch das Jahr der vier autofreien Sonntage, da die OPEC die Ölpreise in die Höhe schnellen liess. Die Hippiezeit war auf ihrem Höhepunkt angelangt und die australische Hard-Rock-Band AC/DC nahm ihre ersten Songs auf. Oder in der Schweiz hiess die Stimmbevölkerung äusserst knapp, mit einem Zufallsmehr, den revidierten Bildungsartikel in der schweizerischen Bundesverfassung gut, unverändert seit 1902 an: er beschnitt im Mittelschulbereich kantonale Rechte und übertrug dem Bund die Federführung.
Die Festansprache blieb Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger vorbehalten, selbst an der Kanti bis 1998 Englisch und Französisch unterrichtend. Sie verwies etwa darauf, dass sie die Ambiance stets als «familiär, unkompliziert und herzlich» wahrgenommen habe. E
Dass faire Selektion durchgeführt wird, ist ihr ein Herzensanliegen, das sie mit einem Beispiel illustrierte: «Ein Vater mit seinem Sohn wünschte in einem Gespräch dringend, dass ich die Französischnote aufrunden solle, da der Sohn sonst die Matura nicht schaffe. Ich gab aber nicht nach, und ein Jahr später steckte mir der gleiche Vater zu, mein Entscheid sei richtig gewesen: Erst jetzt habe sein Sohn die richtige Reife erreicht, die eine Matura erfordere.» Lehrpersonen sieht sie in einer wichtigen und Jugendliche immer wieder prägenden Rolle als Vorbilder und Mentoren, wobei sich der Unterricht «nie nur auf reine Wissensvermittlung beschränken» solle.
Der Surseer Architekt Franz Amberg zeichnete in einem rhetorischen Feuerwerk als letzter Hauptredner die Baugeschichte der Kanti nach. Das angeschlagene rasante Tempo – der Wunsch nach einem neuen Gebäude keimte erstmals 1969 auf, im Oktober 1970 erfolgte der Kauf des Grundstücks im Industriequartier, im Januar 1971 erhielt Architekt Max Wandeler den Direktauftrag, das neue Schulhaus zu designen – wäre heute, so Amberg, unmöglich umzusetzen. «In unserer Zeit dauern solche Prozesse 20 Jahre!» Wandeler unterstützte dieses forsche Tempo, indem er sich für eine Konstruktion mit vorfabrizierten Betonelementen entschied, die rasch hochgezogen werden konnten. «Und dies ohne Gerüst und ohne Schutzvorkehrungen», liess Amberg durchblicken, «heute ebenfalls unvorstellbar». Der Rasterbau mit von aussen sichtbaren Quadraten von 2,4 Meter Seitenlänge verberge überdies bewusst, was hinter der Fassade stecke.
2002/3 gewann Amberg selbst den Wettbewerb für die erste grosse Erweiterung, den 2005 bezogenen riegelartigen Neubau, «vom Kubikmeterpreis her das günstigste Schulgebäude, das je im Kanton Luzern errichtet worden ist», N1 genannt. Es ermöglichte die Auslagerung der Naturwissenschaften im zuvor aus allen Nähten platzenden Hauptgebäude. Zukunftsmusik ist seit langem die Errichtung der zweiten grossen Erweiterung, als N2 belabelt; diese bedarf noch der Zustimmung des Kantonsrats und des Souveräns. Sie wird die bestehenden, momentan noch voneinander getrennten Baumkomplexe miteinander verschweissen.
Zum Schluss glitzerte ein vasenförmiges Gefäss auf der Aulabühne. Rektor Ulrich Salm warf einen Blick in die Kristallkugel von gestern, jener von 2012, denn er klopfte Zukunftsvisionen des ehemaligen Rektors Michel Hubli darauf ab, ob sie sich bewahrheitet hätten. Beispielsweise hat die Schülerschaft entgegen der Prognose die 1000er-Grenze noch nicht überschritten, aber als Alternative zu «Naturwissenschaften und Technik» existiert mittlerweile ein neues Fach, das «Kulturen und Sprachen der Welt» bei Zweitklässlern thematisiert. Die «Via Latina» wiederum als attraktiver Weg, den Lateinunterricht am Gymnasium zu erhalten, konnte «leider nicht gerettet werden».
Mit fetzigem, beat- und jazznahem Sound umrahmten die Feier einerseits die Kanti-Bigband unter der Leitung von Roland Callmar, anderseits – auswendig spiegelnd und im musikalischen Ausdruck höchste Ansprüche erfüllend – Vivienne (Geige) und Emilie Richter (Cello).
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