André Ducommun, der Vize-Präsident der Tuchlaubenkonzerte Sempach durfte in ungefähr hundert erwartungsvolle Gesichter blicken, die sich für das Neujahrskonzert im Sempacher Rathaus eingefunden hatten. Diese zahlreich erschienenen Gesichter, so Ducommun, seien der Lohn für die Arbeit, die der Verein leiste. Deswegen und um auch in Zukunft das kulturelle Leben in Sempach zu bereichern präsentierte man dem Publikum zum Start des Jahres 2020 einen besonderen musikalischen Leckerbissen: Mit dem «Balàsz Nemes Quintett» traten fünf Musiker auf, die die Tuchlaube bereits beim ersten «Tuchlauben-Brass» Konzert im Jahr 2015 beehrt hatten. Mit Trompeter Albert Benz, dem Präsidenten der Tuchlauben Konzerte, trat zudem ein allseits bekanntes Gesicht als Mitglied des Blechbläserquintetts in Erscheinung. Dieses hochdekorierte Quintett, dessen Musiker allesamt im Opernhaus und der Tonhalle Zürich vor jeweils über tausend Besuchern und Besucherinnen auftreten und zu den Besten ihrer Zunft gehören, präsentierten in einer dazu vergleichsweise intimen Atmosphäre ein musikalisch hochstehendes und vielschichtiges Konzert. Der «Philosoph» und Hauptideengeber des Bläserquintetts, der Ungare Balàsz Nemes, ist seit kurzem als Trompeten-Solist am Opernhaus Zürich tätig und war vorher Teil des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks. Nemes hatte für das Konzert in der Tuchlaube die Gelegenheit, auf ein beinahe grenzenloses musikalisches Repertoire zurückzugreifen. Dies wurde möglich aufgrund der ungewöhnlichen Zusammensetzung des Quintetts: Im Gegensatz zu einem klassischen Blechbläserquintett wurden sowohl die normalerweise obligate Tuba, als auch das Horn durch eine Basstrompete und eine Bassposaune ersetzt. Diese wurden von Bill Thomas und David Garcia aus Texas gespielt. Das Quintett wurde komplettiert durch Seth Quistad an der Posaune, der jeweils auch für kurze, mit Humor gespickte, Ansagen zwischen den Stücken zuständig war.
Die durch die aussergewöhnliche Konstellation ermöglichte künstlerische Freiheit wusste das Quintett für sich zu nutzen: Im ersten Teil des Konzerts kontrastierten die romantischen und klerikal geprägten Stücke aus Johann Sebastian Bachs Kantaten aus dem frühen 18. Jahrhundert mit den «brutalen» und sozialkritischen Werken Kurt Weills aus den 1920er Jahren. Letztere stammten hierbei allesamt aus dem populären Theaterstück der «Dreigroschenoper», die vom deutschen Dramatiker Bertolt Brecht in der Zwischenkriegszeit verfasst wurde und zur erfolgreichsten deutschsprachigen Theateraufführung ihrer Zeit wurde. Die originalen Stücke von Weill waren allesamt von Balàsz Nemes neu arrangiert worden und wurden jeweils mit kurzen Textpassagen aus Brechts epochalem Stück eingeleitet. Posaunist Seth Quistad, der diese kurzen Textpassagen präsentierte, zeigte denn auch Kontraste und Parallelen zwischen den Werken Bachs und Weills auf: Beiderlei Kompositionen seien, wenn auch musikalisch verschieden, mit einer Grundintention verfasst worden, die ein Narrativ der Nächstenliebe im Zentrum hätten. Insbesondere als das Quintett den ersten Teil mit dem brachialen «Kanonensong» und den dazugehörigen Textpassagen aus dem Stück von Brecht beschloss, wurde die Duett-Idee des Quintetts auf eindrückliche Weise nachvollziehbar.
Den zweiten Teil des Konzerts eröffnete das Quintett mit dem Stück «Quintet» des britischen Oscar-Preisträgers Malcolm Arnold. Insbesondere die von David Garcia an der Posaune gespielten und höchst anspruchsvollen Passagen vermochten das Publikum hierbei zu begeistern. Die Fortsetzung fand das Programm dann mit dem Stück «Bess you is my woman now» von George Gershwin. Mit Fats Wallers «Ain’t Misbehavin» zollte das Quintett den afroamerikanischen Jazz-Musikern Tribut. Das offizielle Programm beschlossen die fünf Blechbläser mit Irving Berlins 1920er-Tophit «Blue Skies», der in den USA 1927 die Hitparade erklimmen konnte und bis heute als einer der erfolgreichsten Jazzstandards überhaupt gilt. Diesen beschwingten, jazzigen zweiten Teil verdankte das Publikum in der Tuchlaube mit dermassen frenetischem Applaus, dass das Quintett gleich mit zwei Zusatzstücken den Abend beschloss. Dieser Applaus, aber auch die angeregten Gespräche über das Konzert am nachfolgenden Apéro schienen zu zeigen, dass die von André Ducommun eingangs geschürten Erwartungen mehr als nur erfüllt worden waren. Erneut zeigte sich eindrücklich, weswegen die Konzerte in der andächtigen Atmosphäre der Tuchlaube zu einer kulturellen Institution am oberen Ende des Sempachersees gezählt werden können.
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