Die toten Monate, so heisst die Zeit von Mitte November bis Mitte März. Während dieser Zeit können die Bauern ihre Wiesen nicht bewirtschaften, und die Schäfer haben die Erlaubnis, diese mit ihren Schafen abzuweiden. Ernst Vogel kommt von Schwarzenberg und dort startet er Jahr für Jahr Mitte Dezember seine monatelange Wanderung, die ihn bis nach Schenkon führt – und anschliessend wieder zurück. Trotz dieser grossen Zeitspanne folgt er dabei einem strikten Zeitplan. «Am 12. März sind wir zurück in Schwarzenberg, am 13. werden die Tiere geschärt», erzählt Vogel. 1000 Schafe und eine Dauer von drei Monaten, da ergeben sich doch bestimmt auch schwierige Situationen. «Natürlich», lacht Vogel, «bei Bahnübergängen kann es schon mal schwierig werden. Ein Auto kann halten, eine Bahn eher weniger.» Herausfordernd könne es auch werden, wenn die Tiere sich plötzlich in einen Obsthain verirren oder in den Garten einer Bauersfrau. «Die scheinen das aus irgendeinem Grund überhaupt nicht zu mögen», sagt Vogel mit einem Augenzwinkern. Doch im Allgemeinen versteht er sich gut mit den Landwirten. Durch das Abweiden der Schafe käme es zu einer Grasnarbenvermehrung, wovon die Wiesen und dadurch die Bauern profitierten.
Bei seiner Aufgabe, die Tiere in Reih und Glied zu halten, verlässt er sich auf die Hilfe zweier Hunde. «Bei Hirtenhunden gilt die Regel, drei Jahre ein junger Hund, drei Jahre ein guter Hund und drei Jahre ein alter Hund.» Zu den Hunden kommen noch zwei Esel hinzu, welche als Lasttiere dienen. Sie tragen die Netze, mit welchen die Tiere von unerlaubten Plätzen ferngehalten und für die Nacht eingezäunt werden. Abends nämlich sperrt der Schäfer seine Schafe in einen Nachtpferch und begibt sich selbst nach Hause ins Bett. Von 8 bis 18 Uhr ist er dann den Tag über mit den Tieren draussen unterwegs. Ein reichlich einsames Leben könnte man meinen, doch Vogel ist sich nichts anderes gewohnt. Ausserdem hat er rund die Hälfte der Zeit Gesellschaft. «Mich kann man buchen», erklärt Vogel. An drei bis vier Tagen die Woche kommen Gäste, welche den Schäfer für einen Tag begleiten und so einen Einblick in dessen abenteuerlichen Lebensstil erhalten. «Es ist Natur pur!», schwärmt Beat Steiner, welcher Vogel am Dienstag begleitete. Der Lüftungstechniker aus Kilchberg hatte den Tag von seinen Kindern auf Weihnachten geschenkt bekommen und genoss die Abwechslung zu seinem normalen Alltag aus vollen Zügen. «Die Begleiter sind Menschen aus allen möglichen Bereichen», berichtet Vogel. «Auf diese Weise kann man den Leuten die Landwirtschaft und die Natur näherbringen.»
Was macht ein Wanderschäfer während den neun Monaten, die er nicht auf Wanderschaft verbringt? «Ferien natürlich! Etwas Überzeit kompensieren», witzelt Vogel. «Nach der Heimkehr wird geschoren und unmittelbar darauf beginnt die Zeit des Ablammens.» Der Grossteil der Herde befinde sich dann im Stall bei den Lämmern, während der Rest draussen sei. Diese Tiere würden dann eine graslandbasierte Fleischmast durchleben und würden das, was man als «feines Zentralschweizer Lammfleisch» kenne. Im Sommer geht Vogel mit seinen Tieren auf eine Alp am Gotthard, welche auf 1000 Schafe ausgelegt ist. «Im Herbst ist Ablammzeit und danach gehts dann auch schon wieder auf die Reise», so Vogel.
Sie können Ihre Traueranzeige in Ruhe von zu Hause aus gestalten und aufgegeben. Es stehen Ihnen Muster, Hintergründe und Bilder zur Verfügung.
Anzeige online aufgeben